Laut der vom RKW Kompetenzzentrum und der Leibniz Universität Hannover durchgeführten Studie „Global Entrepreneurship Monitor (GEM) 2019/20“ gründeten immer mehr Frauen. Die Gründungsquote der Frauen hat sich in 2019 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Vor allem bei Gründungen im Gesundheits- und Bildungswesen gehören Frauen zu den Vorreiterinnen. Welche Rolle spielen digitale Kompetenzen für Gründerinnen? Mit welchen Maßnahmen könnten Frauen zu mehr (Tech-) Gründungen ermutigt werden?

Die Gründungsquote von Frauen hat sich in 2019 gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt und erreichte einen Wert von 5,7 Prozent. Insbesondere in Zusammenhang mit der Corona-Krise ist die starke Präsenz von Startup-Gründerinnen im Gesundheits- und Bildungswesen bezeichnend: Mehr als 40 Prozent aller Gründungen (oder anstehenden Gründungen) durch Frauen erfolgen in diesen beiden Branchen. Durch innovative Produkte, Services und Geschäftsmodelle können Gründerinnen wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt sowie Arbeitsplätze in attraktiven Bereichen und Branchen schaffen. Gründerinnen können daher ein elementarer Treiber medizinischer Innovationen und der Digitalisierung des Bildungssystems in Deutschland sein. Möglicherweise wird die aktuelle Krise, wie in der Vergangenheit beobachtet, Innovationen vorantreiben und sogar die Zahl von Startups mit neuen Geschäftsmodellen steigern, auch bei den Frauen.

Insgesamt ist jedoch das deutsche Gründungsökosystem nach wie vor eher männlich geprägt. Welche Schritte sind hier nötig, um bei dem Thema Startup-Gründerinnen  besser voran zu kommen? Wo liegen die Hürden? Welche Potenziale können besser ausgeschöpft und weiterentwickelt werden?

Gibt es einen „Digital Gender Gap“?

Laut des Global Entrepreneurship Monitors 2019/20 gründen Personen, die sich selbst als digital kompetent einschätzen, doppelt so häufig wie Personen, die sich keine digitale Kompetenz zuschreiben. Während die Gründungsquote der digital kompetenten Befragten bei 12 Prozent liegt, gründen in der Vergleichsgruppe (Personen ohne digitale Kompetenzen) nur 6 Prozent ein Unternehmen oder sind gerade dabei, diesen Schritt in die Selbständigkeit zu unternehmen.

Die Personengruppe, die sich für digital kompetent hält, ist überwiegend männlich: Sie besteht mit 76 Prozent aus Männern und lediglich aus 24 Prozent der Frauen. Das kann zum einen ein Hinweis auf geringere digitale Kompetenzen von Frauen sein, zum anderen aber auch darauf zurückzuführen sein, dass Frauen ihre Fähigkeiten im Vergleich zu Männern häufiger unterschätzen, da es sich bei den digitalen Kompetenzen um Selbsteinschätzungen handelt.

Auf den ersten Blick sind es somit vor allem Tech-Gründer, die das Ökosystem dominieren. Beim näheren Hinsehen lassen sich erfreulicherweise inzwischen auch eine ganze Reihe erfolgreicher Startup-Gründerinnen finden, die jedoch häufig in der Öffentlichkeit nicht ganz so bekannt sind, wie die männlichen Pendants.

Eine besonders spannende und inspirierende Gründungsgeschichte liegt mittlerweile fast 50 Jahre zurück. Sandra Kurtzig gründete Anfang 1972 „ASK Computer Systems“ ein Unternehmen zur Entwicklung von „Computeranwendungen“, lange bevor sich die Begriffe Tech-Entrepreneur oder Software etabliert hatten. Sie war damit wohl eine der ersten Frauen in diesem Business. Entscheidend hierfür waren ihre Kompetenzen, die sie sich in den Jahren zuvor angeeignet hatte. Bereits mit 17 studierte sie Mathematik an der University of California (UCLA) und arbeitete neben Ihrem Studium für das Raumfahrtunternehmen TRW. Ihre Aufgabe war die Durchführung von Berechnungen für eine Gruppe von 15 Ingenieuren des Unternehmens. Als ihr TRW über ein Mehrbenutzersystem („time-sharing machine“) Zugriff auf einen Großrechner von General Electric ermöglichte, startete sie mit der Programmierung von kleinen Anwendungen, um schnellere Antworten für die Probleme der Ingenieure zu erhalten. Mit diesen positiven Erfahrungen entschied sich Sandra Kurtzig für ein Studium der Raumfahrttechnik an der Standford University. Dabei war sie eine von sieben Frauen unter insgesamt 800 Studenten der Ingenieurswissenschaften. Nach ihrem Studium startet sie ihren ersten Job 1969 bei General Electric in New Jersey an der Ostküste. Ihre Aufgabe war der Verkauf von „Nutzungszeit“ von Großrechnern an die Wissenschaftler der Bell Laboratories, der ehemaligen Forschungsabteilung der Telefongesellschaft AT&T. Nach drei Jahren wurde das Heimweh jedoch so groß, dass sie sich für eine Rückkehr nach Kalifornien entschied, um dort ihr Unternehmen zu gründen. Zu den ersten Auftraggebern gehörte auch Hewlett-Packard. "After five weeks of round-the-clock work, she delivered the programm in February 1972 and collected a $900 balance due. Before depositing the check, she made a photocopy as a keepsake" (Leslie Berlin 2017*).

Wie sind die deutschen Gründungsökosysteme zu verändern, um mehr (Tech-) Gründerinnen hervorzubringen?

Die Geschichte von Sandra Kurtzig zeigt beispielhaft auf, welche Kompetenzen und Fähigkeiten für Tech-Gründerinnen besonders wichtig sind. Ein Ansatzpunkt, technologieintensive und somit häufig besonders wachstumsstarke Gründungen durch Frauen zu fördern, ist es, mehr Frauen für die sogenannten MINT-Studiengänge zu begeistern. Doch wie lässt sich das umsetzen? Eine effektive Herangehensweise ist die des sozialen Lernens von Vorbildern. Das wird beispielsweise im Rahmen der BMWi-Initiative „FRAUEN unternehmen" mit erfolgreichen Unternehmerinnen als „Vorbild-Unternehmerinnen“ praktiziert. Hier könnten mehr Frauen aus der (Tech-) Gründungsszene unterstützend wirken und zur Nachahmung anregen. Auch über Geschichten erfolgreicher Tech-Gründerinnen sollte öfter und regelmäßig berichtet werden, nicht nur von den Medien, sondern auch von den Gründerinnen selbst. Darüber hinaus könnte der systematische Ausbau von Infrastrukturleistungen – beispielsweise durch Bereitstellung von Betreuungsplätzen durch Kitas und Ganztagschulen hilfreich sein. Da Frauen bisher immer noch weniger Zugang zu Wagniskapital haben, könnten spezielle Fonds zur Startup-Finanzierung sinnvoll sein, die sich verstärkt an Gründerinnen richten.

Wie sich die Pandemie auf das Gründungsgeschehen auswirken wird, werden unsere zukünftigen Analysen zeigen. Die Corona-Krise stellt viele Gründende zweifelsohne vor große Herausforderungen, bietet aber – vielleicht gerade auch für Frauen – neue Chancen.

Am 08. März ist Weltfrauentag!

Im Rahmen des Weltfrauentages wird weltweit mit vielen Veranstaltungen und Posts auf Frauenrechte und die Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam gemacht - auch im Bereich Wirtschaft, Innovation und Gründung! Beispielsweise lässt die Veranstaltungsreihe des BMWi #StarkeFrauenStarkeWirtschaft seit einigen Jahren Unternehmerinnen und Entscheiderinnen aus der Wirtschaft zu Herausforderungen und Lösungswegen für Gleichstellung in der Wirtschaft zu Wort kommen.

Auch die Themenwoche „business as female“ vom 5. bis zum 12. März des Handelsblatts bietet interessante Beiträge und Veranstaltungen zum Thema Frauen in der Businesswelt.  Das sind nur einige Beispiele, die am 08. März veranstaltet werden. Wir wünschen einen schönen Weltfrauentag!

Weitere Informationen und Downloads rund um den "Global Entrepreneurship Monitor"

* Leslie Berlin erzählt in Troublemakers: Silicon Valley's Coming of Age (New York: Simon & Schuster, 2017) die Geschichte des innovativsten Tals der Welt anhand von sechs Persönlichkeiten, die in den 1960er- und 1970er-Jahren durch ihr Engagement und ihre Ideen Pionierarbeit geleistet haben.

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