Innerhalb des Dr. Werner Jackstädt-Zentrums für Unternehmertum und Mittelstand befasst sich Prof. Dr. Dr. Rainer Kreuzhof mit Forschung, Lehre und Wissenstransfer in den Arbeitsgebieten Regional- und Nachhaltigkeitsmanagement.
RKW: Durch welche wirtschaftlichen Besonderheiten kennzeichnet sich Flensburg und seine Region, insbesondere mit Blick auf dem Mittelstand?
Der Landesteil Schleswig mit seiner kreisfreien Stadt Flensburg bildet innerhalb von Schleswig-Holstein die Grenzregion zu Dänemark. Es handelt sich bei dieser Region, abgesehen von Flensburg, um einen ländlichen Raum mit Mittel- und Unterzentren, in denen überwiegend kleine und mittlere eigentümergeführte Unternehmen angesiedelt sind. Branchenbezogen liegen die Schwerpunkte in den Bereichen Tourismus, Ernährungs- und Gesundheitswirtschaft sowie Erneuerbare Energien. In Hinblick auf das Thema „Mittelstand meets Start-Ups“ sind ergänzend einerseits die starke Gründerszene im Umfeld der Flensburger Hochschulen und des Jackstädt-Zentrums sowie andererseits die vielen Handwerksbetriebe, bei denen die Unternehmensnachfolge ansteht, zu nennen.
RKW: Für viele mittelständische Betriebe stellt die Realisierung der Unternehmensnachfolge eine große Herausforderung dar. Welche sind aus Ihrer Sicht die größten Schwierigkeiten in Ihrer Region?
Immer weniger Unternehmen der Region können familienintern die Nachfolge regeln und gehen das Thema oft auch zu spät an. Dementsprechend kommt es nicht selten zu strategischen Unternehmensübernahmen oder gar zur Liquidation. Soweit die Übernahmen mit Standortverlagerungen verbunden sind, haben diese dann den Verlust von Arbeitsplätzen, Know-how, Kaufkraft und Steueraufkommen zur Folge. Insgesamt kann dies zu einer Konzentration auf wenige wirtschaftlich starke Standorte innerhalb oder außerhalb der Region führen. Für eine Flächenregion wie den Landesteil Schleswig ist dies besonders problematisch.
RKW: Gibt es ein Erfolgsrezept für eine gute Nachfolge?
Ein sicheres Erfolgsrezept für eine gute Unternehmensnachfolge gibt es sicherlich nicht. Wichtige Erfolgsfaktoren sind jedoch die rechtzeitige Initiierung des Nachfolgeprozesses, die Förderung des internen Unternehmertums in den Unternehmen sowie ein Unterstützernetzwerk aus Steuerberatern, Banken, Kammern, Wirtschaftsförderern und Hochschulen, auf das die Unternehmen zurückgreifen können. Die Erfahrungen aus der sehr erfolgreichen Gründerszene in der Region bieten dabei sicherlich Ansatzpunkte.
RKW: In Deutschland gibt es derzeit einen Startup-Hype. Kann die Gestaltung der Unternehmensnachfolge hiervon profitieren?
Der Hinweis auf die Erfahrungen aus der Gründerszene mit seinem „Gründungsökosystem“ zeigt schon die Nähe zur Nachfolgeproblematik. Allerdings fehlt es bisher an einer vergleichbaren Kultur in den kleinen und mittleren Unternehmen der Region. Darüber hinaus zeigen sich schon jetzt in Einzelfällen Kooperationen mit bzw. Übernahmen auch durch Start-Ups, die in die Wachstumsphase übergegangen sind. Neben der dynamischen Unternehmenskultur der Start-Ups können Unternehmen, die sich mit internem Unternehmertum oder der Unternehmensnachfolge befassen wollen, aber auch Start-Up-Methoden nutzen. Im Gegenzug profitieren auch die Start-Ups von den Erfahrungen mit verstetigten und transparenten Arbeitsprozessen und -strukturen im Mittelstand. Die Erfahrungen aus unserem gemeinsamen Workshop sollen anschließend in der durch das Land Schleswig-Holstein geförderten „Werkstatt für internes Unternehmertum in kleinen und mittleren Familienunternehmen“ genutzt werden.
Informationen zum Workshop im Jäckstädt-Zentrum am 20. September und eine Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie auf unserer Veranstaltungsseite.