Bericht vom Bundesbranchenseminar der Holzindustrie für Betriebsräte von der IG Metall

Die demografiefeste Gestaltung von Arbeit hat nach wie vor eine große Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit der Betriebe. Sie bildet einen wichtigen Baustein für Arbeit 4.0. Ein Seminar für die Betriebsräte aus der Holzindustrie zeigte hierfür Handlungsbedarf auf.

Die Weichen für Arbeit 4.0 müssen in den nächsten Jahren von älter werdenden Belegschaften gestellt werden. Der Nachwuchs an Fachkräften ist knapp, und die älteren Beschäftigten sind unverzichtbare Erfahrungsträger. Sie werden gebraucht, um die digitale Technik erfolgreich und passgenau in den Betrieben einzusetzen.

 

Alternde Belegschaften: Erfahrungsaustausch und fachliche Impulse für Betriebsräte

Auch die gewerkschaftliche Interessenvertretung steht vor der Herausforderung, Digitalisierung und alternsgerechte Arbeit miteinander in Einklang zu bringen. Dies im Blick führte die IG Metall im Oktober 2021 in Höxter ihr Bundesbranchenseminar für Betriebsräte der Holzindustrie durch. Es trug den Titel „Demografie im Betrieb - alter(n)sgerechte Arbeitsplatzgestaltung“. Teilnehmende waren Betriebsräte aus einem breiten Spektrum von Betrieben. Zu nennen sind Sägewerke, Hersteller von Fenstern und Türen, Hersteller von Industriebürsten und Hersteller von Fertighäusern. Die Auswahl des Themas Demografie hat einen handfesten Grund. Immerhin ein Drittel der Beschäftigten in der Branche ist bereits 50 Jahre und älter.

 

Fachbeiträge des RKW: Demografiefeste Arbeit

Andreas Hinz vom RKW Kompetenzzentrum begleitete das zweitägige Seminar mit Fachbeiträgen. Das Themenspektrum umfasste zum einen den Wandel von Leistungsfähigkeit im Erwerbsverlauf und sich verändernde Arbeitsanforderungen in den Unternehmen. Zum anderen ging es um Maßnahmen zur alternsgerechten Gestaltung von Arbeit sowie um Chancen und Risiken von Digitalisierung. Die fachlichen Inputs des RKW fußten auf Projektarbeiten und Publikation des RKW. Beispielhaft zu nennen ist der „Wegweiser demografiefeste Arbeit“.

Das Seminar bot viele Gelegenheit für Diskussionen und den Erfahrungsaustausch unter den Betriebsräten. Die Berichte aus den Betrieben zeigten, dass die alters- und alternsgerechte Gestaltung von Arbeit in den Unternehmen kein großes Thema ist. Der hohe Anteil älterer Beschäftigter bildet keinen Anlass für systematisches und vorausschauendes Handeln. Die Digitalisierung schreitet schneller voran als die personalwirtschaftlichen Antworten auf die damit verbundenen Veränderungen.

 

Arbeitsbelastungen kein großes Thema für die Unternehmensführung

Hierfür gibt es mehrere Gründe Ein großer Teil der Geschäftsführungen in der Branche schenkt den Leistungsbedingungen und Arbeitsbelastungen der Beschäftigten keine große Aufmerksamkeit. Es geht in den Unternehmen, so der Eindruck der Betriebsräte, in aller erster Linie um das Erreichen der wirtschaftlichen Ziele. Ein Teilnehmer brachte die Haltung des Geschäftsführers seines Unternehmens mit folgenden Worten auf den Punkt: „Hauptsache die Arbeit wird geschafft, egal wie“.

 

"Straffe" Organisation - Intensivierung der Arbeit

Für Betriebe aus dem Bereich Holz und Kunststoff gilt zudem das Gleiche wie für andere Branchen hierzulande auch: Die Personalkapazitäten sind knapp bemessen, die Organisationsabläufe straff durchstrukturiert. Ein Trend zur Intensivierung der Arbeit ist Branchen übergreifend schon seit einigen Jahrzehnten zu verzeichnen. Eine aktuelle Umfrage der IG Metall unter Betriebsräten speziell in der Holzindustrie zeigt: Die Mehrheit erwartet, dass die Digitalisierung steigende Leistungsanforderungen für Beschäftigte mit sich bringen wird.

Für die Beschäftigten und die Betriebe birgt dies Risiken. Stress und Überforderung können auf die Dauer zu frühzeitigem gesundheitlichem Verschleiß und Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Beschäftigten führen. Die Arbeit unter Zeitdruck birgt gerade für Ältere erhebliche gesundheitliche Risiken.

 

Betriebskulturen: wenig Offenheit für Probleme des Leistungswandels

Der Erfahrungsaustausch unter den Betriebsräten zeigte: Auch Betriebskulturen können einer demografiefesten Gestaltung der Arbeit im Wege stehen. Die Fähigkeit und Bereitschaft schwer zu heben und zu tragen gilt häufig noch als wichtige Arbeitstugend. Sie trägt auch bei älteren Beschäftigten zu einem guten „Standing“ im Arbeitsbereich bei. Oft tun sich Beschäftigte damit schwer, ihre Einschränkungen der Leistungsfähigkeit offen zu legen. Sie befürchten einen Statusverlust durch Versetzung auf einen sogenannten „Schonarbeitsplatz“. Im Notfall behilft man sich bei gesundheitlichen Beschwerden mit ärztlichen Attesten, um bestimmte Tätigkeiten nicht mehr durchführen zu müssen. Die Berichte der Betriebsräte deuten somit darauf hin, dass in den Unternehmen wenig Transparenz hinsichtlich Arbeitsbelastungen und Leistungswandel herrscht. Für dringende Fälle werden Einzellösungen gesucht. Damit gerät der Handlungsbedarf auf dem Gebiet der Arbeitsgestaltung nicht ausreichend ins Blickfeld der Unternehmen. Man weiß schlicht zu wenig, um gezielt und vorausschauend handeln zu können.

 

Großer Handlungsbedarf, viele erprobte Instrumente für alter(n)sgerechte Arbeitsgestaltung

Vor dem Hintergrund der Altersstrukturen müsste allerdings in größerem Stil gehandelt werden. Dies beginnt mit der Schaffung einer guten Informationsbasis über Altersstrukturen sowie Personalbedarfe in den Arbeitsbereichen. Vor allem ist auch eine Analyse der Arbeitsanforderungen und Belastungen in den einzelnen Arbeitsbereichen wichtig. Eine Schlüsselfunktion kommt dabei der Gefährdungsbeurteilung körperlicher und psychischer Belastungen zu. Sorgfältig durchgeführte ganzheitliche Gefährdungsbeurteilungen sind in der gesamten Betriebslandschaft noch nicht ausreichend verbreitet.

 

Kompetenzen nutzen und entwickeln

Alterns- und altersgerechte Arbeit hat auch mit Qualifikation und Kompetenzentwicklung zu tun. Alle Beschäftigtengruppen müssen mit den neuen digitalen Technologien vertraut gemacht werden. Gerade ältere Beschäftigte können ihren Erfahrungsreichtum in Digitalisierungsprojekte einbringen. Ein offensiver Umgang mit dem Leistungswandel in den Arbeitsbereichen kann fachlich vollwertige Einsatzmöglichkeiten für ältere Beschäftigte erschließen. Eine Option lautet: Entlastung von körperlichen Tätigkeiten oder von Aufgaben mit Zeitdruck. Stattdessen Übertragung von planerischen oder qualitätssichernden Aufgaben.

 

Die IG Metall bleibt am Thema dran

Es gibt inzwischen ein breites und erprobtes Repertoire an Maßnahmen, Konzepten und Instrumente für demografiefeste Arbeit. Diese können erfolgreich für die Digitalisierung angewendet werden können. Die IG Metall bleibt jedenfalls thematisch am Ball. Auch bei der Bundesbranchenkonferenz Holz und Kunststoff liegt der Schwerpunkt auf alter(n)sgerechter Arbeit.

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