"Druckfrisch" lag der neue Leitfaden mit obigem Titel den ca. 50 Teilnehmer zur Abschlussveranstaltung des von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten und von ver.di und der IG Metall unterstützen RKW-Projekts vor. Der Leitfaden ist ein Ergebnis des gleichnamigen Projektes, das eine Methode zur Durchführung einer strategischen Personalplanung in mittelständischen Unternehmen in einem sozialpartnerschaftlichen Managementprozess entwickelt und in mehreren Pilotunternehmen erprobt hat.
Durch die Abschlussveranstaltung führte Jan-Paul Giertz von der Hans-Böckler-Stiftung.
Die Grußworte sprachen Dr. Norbert Kluge – Leiter der Abteilung Mitbestimmungsförderung der Hans-Böckler-Stiftung und Reinhard Dombre – Stellvertretender Vorsitzender des RKW e. V.
Dr. Norbert Kluge stellte den Zusammenhang her zwischen Digitalisierung und strategischer Personalplanung – beides sowohl Führungsaufgabe wie auch Aufgabe für Betriebsräte. Mitbestimmte strategische Personalarbeit setzt voraus, dass zwischen den Sozialpartnern ein gemeinsames Verständnis zur Gestaltung der Zukunft erarbeitet wird.
"Dazu bietet diese Veranstaltung den Sozialpartnern eine ‚gelebte‘ Plattform".
Reinhard Dombre führte aus, dass bei einer strategischen Personalplanung mit Betriebsratsbeteiligung jeder der Beteiligten – Geschäftsführung, Bereichsleiter, Personalverantwortliche und Betriebsrats – seine eigene besondere Rolle einnimmt: Die Geschäftsführung steht für die strategischen Ziele des Unternehmens und verantwortet sie; die Bereichsleiter stehen für ihren Funktions- oder Geschäftsbereich und kennen die konkreten Anforderungen an das Personal; die Personaler haben dafür zu sorgen, dass das "richtige" Personal im Betrieb verfügbar ist; der Betriebsrat vertritt die Interessen der Mitarbeiter an sicheren Arbeitsplätzen und an sozialer Anerkennung. Keine dieser Rollen ist in einem sozialpartnerschaftlichen Managementprozess zur strategischen Personalplanung durch eine andere ersetzbar. "(…) eine strategische Personalplanung mit Betriebsratsbeteiligung kann dafür Sorge tragen, dass Handlungsoptionen und Interessenlagen frühzeitig auf den Tisch kommen und verbindlich beschlossen werden – von beiden Seiten, Unternehmensführung und Betriebsrat."
Dr. Thomas Hoffmann stellte den Leitfaden vor. Er machte deutlich, dass in dem Leitfaden nicht primär auf das Betriebsverfassungsgesetz fokussiert wird, sondern auf Managementqualitäten – sowohl auf Seiten der Geschäftsführung wie auch auf Seiten des Betriebsrats. Mit dem Praxisleitfaden kann das gemeinsame sozialpartnerschaftliche Management eines Prozesses der strategischen Personalplanung – in Form eines ein- bis eineinhalbtägigen Workshops – unterstützt werden. Der Leitfaden ermöglicht die strategische Planung der Personalressourcen auf der Basis der strategischen Ziele in den drei zentralen strategischen Schlüsselgrößen: Marktstellung, Innovationsleistung und Produktaktivitäten.
Die zentralen Elemente des Leitfadens sind: ein Audit zur Bewertung der Voraussetzung für die Zusammenarbeit von Management und Betriebsrat, die Beschreibung des Managementprozesses in sechs Schritten, ein Werkzeugkasten, bestehend aus zwölf Tools – einige spezielle für den Betriebsrat – sowie sieben Szenarien, die den Unterschied einer strategischen Personalplanung mit bzw. ohne Betriebsrat verdeutlichen.
In dem anschließenden Live-Prozess wurde die Systematik des Managementprozesses in einem mittelständischen Unternehmen mit ca. 160 Mitarbeitern beispielhaft vorgeführt. Aufgezeigt werden konnte, inwiefern das Prozessmodell den Zusammenhang herstellt zwischen strategischer Position und Zielsetzung eines Unternehmens und dessen Personalressourcen und welche Bedeutung dem Betriebsrat bei der Vorsteuerung im Planungsprozesses zukommen kann.
In der darauf folgenden Podiumsdiskussion mit Vertretern der Sozialpartner und Wissenschaftlern wurden u. a. folgende Fragen aufgeworfen:
- Welche Bedeutung hat die strategische Personalplanung für den Mittelstand?
- Welche Anlässe gibt es für einen Betriebsrat, in Sachen strategischer Personalplanung aktiv zu werden?
- Was sind typische Erfolgsfaktoren und Stolpersteine für eine strategische Personalplanung als sozialpartnerschaftlicher Managementprozess?
- Was wären die Bedingungen für die Verstetigung der strategischen Personalplanung?
Die Podiumsteilnehmer – Dr. Erich Latniak vom Institut für Arbeit und Qualifikation (IAQ), Dr. Many Pastohr und Dr. Thomas Hoffmann vom RKW Kompetenzzentrum, Norbert Breutmann von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Karl-Heinz Brandl von ver.di und Thomas Habenicht von der IG Metall – waren sich einig, dass die strategische Orientierung Voraussetzung für die Durchführung einer strategischen Personalplanung ist. Das kann jedes Unternehmen selbst. Eine Unterstützung von außen kann die Orientierung am Managementprozess unterstützen. Mitbestimmung bei der strategischen Personalplanung ist auch ein Teil Mitverantwortung und setzt die Strategiefähigkeit – auch der Interessenvertretung – voraus. Wichtig ist es, entsprechende Tools auf der Ebene der Arbeitsstrukturen zu entwickeln und Transparenz und Vertrauen auf den zentralen betrieblichen Kommunikationsebenen zu schaffen, um den Veränderungsprozess beteiligungsorientiert begleiten zu können. Dazu bedarf es eines angemessenen sozialpartnerschaftlichen Aushandlungsklimas sowie einer stärkeren Beteiligungsorientierung in mittelständischen Betrieben. Die ‚Infrastruktur‘ dazu sollte von Gewerkschaftsseite bereitgestellt werden, beispielsweise über Know-how-Vermittlung und Arbeitsgestaltungsoptionen an der Schnittstelle Mensch & Maschine.
Den Abschluss der Veranstaltung bildete der Erfahrungsbericht einer Betriebsratsvorsitzenden zu der Frage, wie sich ein Betriebstrat effektiv an einer strategischen Personalplanung beteiligen kann. Frau Brandl – Vorsitzende des Gesamtbetriebsrates der Deutschen Telecom AG – zeigte auf, welche Schritte bei der Deutschen Telecom AG erforderlich waren und noch sind, um strategische Personalplanung zur gelebten Praxis werden zu lassen. Eine entsprechende Betriebsvereinbarung ist in Vorbereitung.
Kurzum: Die Veranstaltung hat gezeigt, dass ‚gelebte‘ Sozialpartnerschaft prominent auf der Agenda des RKW Kompetenzzentrums steht und wie das RKW für Themen der Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit und Personalwirtschaft den Sozialpartnern eine Plattform bietet.
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