Als ich im vergangenen Jahr nahe des Quedlinburger Schlosses in einer der zahlreichen engen Gassen spazieren ging, sah ich ein lustiges Schildchen, das ich sogleich fotografierte. Es hing am niedrigen Türrahmen eines Fachwerkhauses und lautete etwa: Bitte nicht anklopfen (also dagegenstoßen), der Holzwurm schläft noch. Hätte mir jemand gesagt, dass ich genau in diesem Fachwerkhäuschen, welches ein kleines Café beherbergt, ein gutes Jahr später an einem Workshop über Digitalisierung teilnehmen würde – ich hätte es natürlich nicht geglaubt. Und doch schreibt das Leben – oder die Digitalisierung – manchmal die komischsten Geschichten selbst ...

Der Workshop zur Digitalisierung

Der Landkreis Harz ist seit dem Frühsommer einer der ersten Modellregionen für das Digiscouts®-Projekt, in welchem Auszubildende digitale Pionierarbeit leisten und nach Wegen suchen, ihren Betrieb in puncto Digitalisierung einen Schritt voranzubringen. In kleinen Betriebsprojekten werden Potentiale gesucht, Ideen entwickelt, deren Umsetzbarkeit von erfahrenen Beratern und Coaches geprüft und deren Umsetzung begleitet, und zwar in einem Zeitraum von etwa einem halben Jahr. Als zusätzliches Angebot bieten wir den Betrieben einen eintägigen Digitalisierungsworkshop an, der sich an die Mitarbeiter im Allgemeinen richtet. Andreas Hinz ist der Experte und auch derjenige, der diesen Workshop durchführt. Ich begleitete ihn nach Quedlinburg, weil einer der dort ansässigen und am Digiscouts®-Projekt teilnehmenden Betriebe Gebrauch von der Möglichkeit machte und sich den Workshop für seine Mitarbeiter gewünscht hat.

So kam es also, dass neun Mitarbeiter zweier Regionalläden gemeinsam mit zwei RKW-Mitarbeitern in sehr gemütlicher Atmosphäre über Digitalisierung redeten, dabei Kaffee tranken und Kuchen aßen. So weit, so ungewöhnlich - vor allen Dingen aber so aufschlussreich!

Was ist wirklich wichtig?

Das angestoßene Digitalisierungsprojekt im Rahmen der Digiscouts® sorgte bei manchen Mitarbeitern für Unwohlsein. Aber warum? Eigentlich soll doch Digitalisierung das Arbeiten erleichtern, die Abläufe verschlanken und beschleunigen? Natürlich, doch geht es auch darum, die Menschen mitzunehmen. Was sich hier im Kleinen angedeutet hat, gilt auch allgemein und im Großen: Die Technik ist nur eine Seite der Digitalisierung, der Mensch, der mit ihr umgehen muss, sollte dabei nie vergessen werden. Und so sprachen wir recht lange über Fragen wie "Was ist eigentlich Digitalisierung für Sie?" oder "Was verbinden Sie mit Digitalisierung?". Es ging bei den im Laufe des Gesprächs genannten Ängsten und Sorgen nicht darum, seine Arbeit zu verlieren, sondern eher darum, (noch!) nicht zu wissen, wie mit den Neuerungen richtig umzugehen ist - wenn etwas nicht richtig funktioniert. Konkret: Ein neu einzuführendes System wird einige Abläufe in den Läden vereinfachen und für alle transparenter machen, aber was geschieht – was müssen die Mitarbeiter tun –, wenn es ausfällt? Letztlich gilt, dass es eigentlich immer mit neuen Dingen so ist: Anfangs kennt man sie noch nicht so gut und braucht in manchen Situationen Hilfe. Etwas später kennt man sich so gut aus, dass man in jeder Situation damit umzugehen weiß. Besonders erfreulich und zugleich spannend fand ich, wie wichtig es den Anwesenden war, untereinander darüber zu sprechen, ja sogar "seinem Herzen etwas Luft zu machen". Uns Moderatoren brauchte es zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr, so intensiv diskutierten alle Beteiligten miteinander.

In der Hauptsache ...

Es folgte ein Galopp durch die Digitalisierung, Gruppenarbeiten, eine ausgezeichnete Kürbissuppe zwischendurch, Praxisbeispiele aus impulsgebenden kleineren Betrieben und zum Abschluss der interessanteste und leider etwas zu kurz ausgefallene Part des Tages: der Blick auf die eigenen Prozesse – mit den Problemen, Herausforderungen und ersten Lösungsansätzen. 

Letzteres war besonders spannend. Hier zeigte sich wieder, wie wichtig es ist, überhaupt einmal miteinander ins Gespräch zu kommen, Informationen auszutauschen, die letztlich unterschiedliche Wissensstände nivellieren. Und dann gemeinsam überlegen, wie sich ein Ablauf für alle Beteiligten verbessern lässt.

Inwieweit hat sich der Tag also gelohnt? Für die Mitarbeiter sicherlich alleine schon dadurch, dass sie Zeit und Raum hatten, sich auszutauschen, über das Kommende zu reden und auch den Rahmen ihres eigenen Digiscouts®-Projektes besser zu verstehen – mit all den Schritten, die noch folgen werden. Darüber hinaus ist Digitalisierung nicht mehr das große Wort, das über allem schwebt und zugleich so wenig greifbar ist, sondern sie alle haben ein gemeinsames Bild erarbeitet, welches ihren Weg, ihre Schritte vorzeichnet, diese konkreter macht und näher bringt. Darüber hinaus haben sie durch die eigenen Überlegungen Abläufe identifiziert, die sie digitaler und somit für sie einfacher und – nicht zu vergessen – transparenter machen können. Für mich wiederum formuliere ich den Mehrwert in dieser Erkenntnis: 

Digitalisierung wird als Herausforderung umso kleiner, je größer der Austausch untereinander die Sorge vor dem Unbekannten, der Technik eindämmt und es ermöglicht, mehr mit ihr und durch sie die darauffolgenden Schritte zu denken – und in ihr somit die Chancen zu sehen.

Und für Sie als Lesenden? Setzen Sie sich mit ihren Kollegen zusammen, machen Sie es sich gemütlich, trinken Sie einen Kaffee, reden Sie über Digitalisierung, Ideen wie Ängste ... und lassen Sie sich überraschen, wohin Sie dieses Gespräch führen wird. Es ist ein kleiner, aber gar nicht so unwichtiger Schritt in Richtung Zukunft.

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