... oder – sofern sie „off-the-Job” sind – mit Fällen und Beispielen aus dem Arbeitsalltag der Teilnehmer angereichert werden. Spannend ist nun folgende Erfahrung: … 

Je näher eine Weiterbildung oder Qualifizierung am Job erfolgt und je mehr über den Transfer des Erlernten gesprochen wird, desto mehr werden die Teilnehmer (unvermeidlich) über ihre Arbeit und die Rahmenbedingungen ihrer Leistungserbringung im Gesamten reden. Beispielsweise kann im Rahmen einer Vertriebsschulung von den Teilnehmern rege diskutiert werden, welche Veränderungen es im Vertrieb eigentlich (zusätzlich oder statt der Weiterbildung) brauchen würde, um die geschäftlichen Ziele zu erreichen: Brauchen die Vertriebsmitarbeiter (neben der Qualifizierung) größere Entscheidungsspielräume? Ist das Rollenmodell noch adäquat? Mit welchen bürokratischen Hürden müssen sich die Mitarbeiter im Angebotserstellungs- und/oder Verkaufsprozess auseinandersetzen? Welche internen Restriktionen erschweren es, auf die Kundenbedürfnisse einzugehen? Oder welche Auswirkungen haben die neuesten Modellvariationen auf die Kundenbeziehung usw.?

All diese wichtigen Fragen stehen in der Regel nicht auf dem Lehrplan und können während einer Weiterbildung, quasi nebenher, besprochen werden. Hier drängt sich die Frage auf, ob eine Öffnung zwischen dem Weiterbildungssystem (Weiterbildungsteilnehmer, Trainer) und dem Management forciert oder (wie meist üblich) gar nicht erst gesucht werden soll?

Normalerweise werden diese Diskussionen vom Trainer nicht an das Management gegeben bzw. werden sie durch die Unternehmensführung auch nicht angefragt. Im Idealfall trägt eine organisierte Weiterbildung dazu bei, ein Problem oder eine Herausforderung im Unternehmen zu bewältigen. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass ein Fähigkeitsdefizit vorliegt. Die Weiterbildung soll dieses beheben und Einfluss auf das Verhalten der Teilnehmer nehmen.

Betrachtet man Arbeit und Leistung mit der „Brille Arbeitssystem“ wird klar, dass der Mensch und seine Fähigkeiten nur eine von vielen Ursachen eines Problems sein können. Alle Elemente des Arbeitssystems (wie z.B. Arbeitsmittel, Werkzeuge, Maschinen, vorhandene Informationen, verwendetes Material oder Arbeitsabläufe, Schnittstellen oder Prozesse) können mal mehr und mal weniger ebenfalls daran beteiligt sein. In der Praxis muss ein Problem – der Einfachheit halber – auf das Konto einer dieser Möglichkeiten gebucht werden. Damit ist jedoch ein Risiko verbunden: Das Problem wird auch nur dort bearbeitet, was wiederum dazu führen kann, dass es auch nur unzureichend gelöst wird.

Wir gehen davon aus, dass ein betriebliches Problem nicht alleine auf eine Ursache zurückzuführen ist  (zum Beispiel im Fähigkeitsdefizit der Beschäftigten), sondern ebenso mit den anderen Elementen eines Arbeitssystems in Verbindung steht. Von daher wird spätestens hier deutlich, wie wertvoll die Impulse der Weiterbildungsteilnehmer als Experten sein können.

Wenn der Anlass der obigen Vertriebsschulung beispielsweise die Reaktion auf einen verstärkten Wettbewerbsdruck war, kann das Management durch eine gezielte „Öffnung“ der Weiterbildung  Ansatzpunkte für die Weiterentwicklung der Vertriebsabteilung sammeln. Meist befinden sich darunter auch richtige Perlen, die darauf warten herausgefischt zu werden – schließlich sind die Weiterbildungsteilnehmer meist auch die Experten für den jeweiligen Gegenstand. Das Unternehmen muss der Trainerin lediglich ein Mandat dafür erteilen und die Mitarbeiter darüber informieren. Im Gespräch zwischen Trainerin und Management kann dann deutlich werden, welche Punkte weiterverfolgt werden sollen und welche nicht.

Diesen Sachverhalt darf man durchaus auch anderes herum denken. Wenn ein mittelständischer Betrieb beispielsweise (zum ersten Mal) ein Führungskräfteentwicklungsprogramm plant, kann bereits zu Beginn berücksichtigt werden, dass im Rahmen der Weiterbildung wertvolle Impulse die Führungsstrukturen, die Schnittstellen und andere Fragen betreffend aufkommen werden.