Im mittelständischen Traditionsbetrieb MHA ZENTGRAF GmbH & Co. KG – ein Spezialist für fluiddynamische Lösungen – durften sechs Azubis auf die Suche nach Digitalisierungspotenzial gehen. Das interdisziplinär besetzte Team aus Industriekaufleuten und Feinwerkmechanikerinnen und -mechanikern fand in den einzelnen Abteilungen viele Möglichkeiten Prozesse zu digitalisieren. Für Janine Lion (Personalerin und Betreuerin) und Torben Etgen (Fertigungsleiter Werk 1 und Betreuer) war aber klar: sie wollen sowohl die Chance nutzen den digitalen Fortschritt im eigenen Unternehmen auf unkonventionelle Weise voranzutreiben als auch jene, das eigene Ausbildungsangebot attraktiver zu gestalten: Ihren Azubis etwas Neues, Anderes und Besonderes während ihrer Ausbildung zu ermöglichen, war Leitgedanke und Motivator für die Teilnahme am Projekt Digiscouts®.
Im Mittelpunkt standen für uns die Azubis, die selbstständig und eigenverantwortlich ein Projekt umsetzen sollten. Es mussten also Ideen sein, mit denen sich das gesamte Azubi-Team identifizieren konnte. Andernfalls sahen wir die Gefahr, dass schnell die Motivation verloren gehen könnte – insbesondere bei einem so großen und heterogenen Team. Es gab viele Herausforderungen, die es neben der Projektarbeit zu meistern galt: Schichtarbeit, unterschiedliche Berufsschulzeiten oder unterschiedliche Arbeitsplatzvoraussetzungen. Einige haben keinen Computer“, so Janine Lion Personalerin und Betreuerin.
Die von Janine Lion beschriebenen Herausforderungen ereilten das junge Team schneller, als es ihnen lieb war. So stellte sich recht schnell heraus: einen Termin zu finden, an dem Geschäftsführung, Betreuer und alle Teammitglieder teilnehmen können, ist einfach unmöglich. Nach mehrmaligem verschieben und einem kurzfristigen Terminvorschlag seitens der Geschäftsführung, übernahmen spontan zwei Azubis die Präsentation und stellten drei Projektideen vor: „Lernvideos“, „Digitales Schwarzes Brett“ und „Digitale Frühstücksliste“. Das „GO“ für die Umsetzung erhielt die Projektidee „Digitale Frühstücksliste“.
Hintergrund der Idee einer digitalen Frühstücksliste war, die tägliche Frühstücksbestellung der Mitarbeitenden aus der Produktion. Traditionell wurde diese immer von den Azubis aufgenommen, an den regionalen Bäcker weitergegeben und freitags abgerechnet – je ein Azubi im wöchentlichen Wechsel. Das Ziel des Projekts lag darin, die Tradition eines gemeinsamen Frühstücks beizubehalten aber gleichzeitig auch die Azubis von dieser Aufgabe zu „befreien“. Denn – wenn wir ehrlich sind – einen wahren Mehrwert haben solche „Botenaufgaben“ für die Azubis nicht. Sie sind, wie ich finde, Überbleibsel aus längst vergangen Zeit und überholten Rollenbildern. Und ganz nebenbei bemerkt – rentabel war es auch nicht, kostete es wöchentlich einige Stunden Ausbildungszeit eines Azubis.
Eine Projektskizze: über die Grundidee und technische Optionen
Mithilfe einer digitalen Frühstückliste am Computer oder Tablet sollen Mitarbeitende zukünftig ihre Frühstücksbestellung (ein Tag vorher) selbst aufgeben können. Gleichzeitig bietet die „Liste“ oder APP einen Überblick über die Bestellungen und die Kosten. Dies hat den weiteren Vorteil, dass auch Mittagsschichten für den nächsten Tag ihre Brötchen "vorbestellen" können.
Nach Rücksprache mit der IT-Abteilung waren zwei Varianten einer Umsetzung denk- und machbar. Variante (A): eine einfache Excel-Liste mit einem Drop-Down Menü, in die sich alle eintragen könnten. Vorteil dieser Variante war die schnelle Realisierbarkeit. Der Nachteil, dass am Ende der Woche dennoch alles zusammengerechnet werden müsste – was wiederum Zeit kostet. Außerdem ist eine Excel-Liste weniger ansprechend, was bedeute, dass sie letztlich dann nicht genutzt werde. Variante (B): eine „Bestell-App“, wie bspw. bei McDonald's. Das heißt, die Mitarbeiter loggen sich ein. Sehen Menübilder (z. B. "Roggenbrötchen", "Nussschnecke" etc.) und können entsprechend auswählen. Die Angabe von Extra-Wünschen (vordefinierte Auswahl) wird ebenfalls ermöglicht bspw. "mit Butter" oder „ohne Butter“. Der Vorteil ist ein ansprechendes Design und automatische Kostenübersicht pro Nutzer. Der Nachteil, es wäre aufwendiger und kostenintensiver.
Der Sieger „Frühstücks-App“
Entschieden hat man sich letztlich für die App, wenn auch aufwendiger und kostenintensiver. Gemeinsam mit der IT, aber auch dem regionalen Bäcker, entwickelten und setzten die Azubis die App um. Der regionale Bäcker kaufte sogar extra einen Laptop und richtet diesen in seiner Bäckerei ein, sodass die Bestellungen per Mail verschickt und empfangen werden konnten. Ferner lieferte die Bäckerei die Bilder für die App. Heute müssen die Azubis keine Bestelllisten mehr für die Frühstücksbestellung führen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter loggen sich einfach mit ihrer Personalnummer und Passwort ein und geben ihre Bestellung ab.
Damit das Projekt auch bei allen Gästen der Abschlussveranstaltung richtig ankommt, hatte sich das sechsköpfige Azubi-Team eine ganz besondere Idee ausgedacht: eine kleine Demoversion, über die die Gäste Quarkbällchen oder anderer Leckereien bestellen konnte. Mit Erfolg. Der Publikumspreis ging wohlverdient an das Azubi-Team der MHA Zentgraf GmbH & Co. KG.
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