Ich glaub, ich hör nicht recht

Norbert Friedrich ist Facharbeiter in einem großen Weinhandel im Rheinland. Seine Aufgaben sind vielseitig und machen ihm Freude: Bestelllisten abarbeiten, Kisten und Kartons stapeln und packen, Abfüllanlagen bedienen oder Stapler fahren. Der Lärm, insbesondere an der Abfüllanlage, stört ihn aber zunehmend: Probleme, sich mit seinen Kollegen zu verständigen und selbst bei der Pause keine Ruhe zu finden, machen ihn zunehmend gereizt. Sorgen macht ihm auch sein Gehör. Seine Frau beschwert sich schon, dass er das Radio und den Fernseher viel zu laut stelle.

Geschätzte fünf Millionen Arbeitnehmer sind Tag für Tag gesundheitsgefährdendem Lärm ausgesetzt. Dabei kann Lärm Schwerhörigkeit verursachen. Diese entwickelt sich meist langsam und anfänglich unbemerkt. Die Lärmschwerhörigkeit ist eine unheilbare Krankheit. Ein Hörgerät kann den Hörverlust nur wenig oder gar nicht ausgleichen.

Gefährlich für die Gesundheit werden Lautstärken über 85 Dezibel (dB(A)), wenn man ihnen langjährig ausgesetzt ist. 85 dB(A) entsprechen beispielsweise einer vielbefahrenen Straße. Aber auch niedrigere Schallpegel können gesundheitlich belasten und die Leistungsfähigkeit beeinträchtigen. Für Büroarbeiten werden deshalb niedrigere Grenzwerte vorgeschlagen.
Jeder empfindet Lärm anders. Die Definition "Lärm ist Schall, der stört" ist sehr subjektiv – sie hängt von Ihrem persönlichen Empfinden und auch von der Situation ab, in der Sie sich befinden. Ihre Nachbarn erholen sich vielleicht gerne abends bei lauter Rockmusik, die Sie selbst möglicherweise als sehr störend wahrnehmen.

Lärm und störende Umgebungsgeräusche wie in Großraumbüros oder an Kassenarbeitsplätzen können auch Auswirkungen auf die Psyche und das Herz-Kreislauf-System haben: Häufig führt dauerhafter Lärm zu Kopfschmerzen und einem verspannten Nacken, man fühlt sich dauerhaft unter Strom, der Puls geht schnell.

Das können Sie selbst tun

Suchen Sie nach Lärmquellen: sind es Maschinen, die zu laut sind, Gespräche von Kollegen oder andere Ursachen? Häufig sind es Kleinigkeiten, die man verhindern kann. Ein Beispiel: Gibt es in Ihrem Unternehmen einen Sammelbehälter für Metallteile? Vergleichen Sie einfach einmal selbst, welchen Unterschied es macht, ob ein Teil darin abgelegt oder abgeworfen wird. Sprechen Sie auch Ihre Kollegen auf das Problem an. Die üblichen Antworten ("Das Ablegen dauert mir viel zu lange") werden sich dabei schnell als "faule Ausreden" herausstellen (BGHW 2011a).

Wenn Sie einem erhöhten Lärmpegel (80 dB(A)) nicht ausweichen können, muss Ihr Arbeitgeber Ihnen einen Gehörschutz zur Verfügung stellen. Sorgen Sie in Ihrem eigenen Interesse dafür, dass Sie diesen Schutz auch konsequent tragen! 

Riskant: Lärm in der Freizeit und im Beruf

Besonders bedrohlich wird die Situation dann, wenn zu dem Lärm, dem Sie auf der Arbeit ausgesetzt sind, noch der in der Freizeit hinzukommt. Die Möglichkeit der Gehörerholung geht verloren und ein Hörschaden ist "vorprogrammiert". Tragen Sie auch in der Freizeit bei lärmintensiven Arbeiten geeigneten Gehörschutz und achten Sie auf ausreichende Gehörerholung. Ein erholsamer Spaziergang in einem ruhigen Waldstück lässt Sie wieder zur Ruhe kommen und wirkt zusätzlich entspannend auf Körper und Geist.

Das kann Ihr Arbeitgeber tun

Gesundheitliche Gefahren durch Lärm zu vermeiden ist laut Arbeitsschutzgesetz eine Verpflichtung des Unternehmers. Er muss dafür sorgen, den Schallpegel in Arbeitsräumen so niedrig zu halten, wie es nach der Art des Betriebes möglich ist.
Dabei darf nicht vergessen werden, dass Lärm zu einer gesundheitlichen Belastung werden kann – lange bevor das Gehör Schaden nimmt. Als gegenwärtiger Stand der Technik wird für den gewerblichen Bereich die Einhaltung folgender Werte angesehen (nach BGHW 2011a):

  • 55 dB(A) bei überwiegend geistigen Tätigkeiten. Das sind Arbeiten, die erhöhte Anforderungen an das menschliche Konzentrationsvermögen stellen, wie etwa das Programmieren oder die Textkorrektur. 
  • 70 dB(A) bei einfachen oder überwiegend mechanisierten Bürotätigkeiten und vergleichbaren Tätigkeiten, beispielsweise Schreiboder Buchungsarbeiten. 
  • 85 dB(A) bei sonstigen Tätigkeiten. Dazu gehören die meisten Arbeitsplätze im gewerblichen Bereich. 

Ein Gehörschutz gehört bei vielen Arbeiten selbstverständlich dazu. Der Arbeitgeber sollte aber auch mit geeigneten Ruheräumen für Erholungsmöglichkeiten sorgen.