Beitrag 8 Ausländische Mitarbeiter für Deutschland – Personalbeschaffung im Ausland

Beispiele aus der Praxis - Professionelle Personalvermittlungen

→ Benita Malkowski

Einleitung
Kraftpol besteht seit über zwei Jahren. Wir verstehen uns als Personaldienstleister, der ausschließlich polnische Arbeitnehmer an deutsche Arbeitgeber vermittelt. Unser ursprüngliches Konzept bestand darin, eine breite Anzahl von Berufen für deutsche Arbeitgeber anzubieten. Wir hatten jedoch bald den Eindruck, dass nicht die „Breite“, sondern eher „Tiefe“ gefragt ist. Infolgedessen haben wir uns zunächst – dies aber mit einigem Erfolg – auf eine einzige Branche konzentriert: die Vermittlung von LKW-Fahrern aus Polen für Deutschland. Aufgrund der von uns vermittelten „Fallzahlen“ lassen sich durchaus verallgemeinernde Angaben machen, da diese auf konkreten Erfahrungen beruhen.

Das Angebot
Die polnischen Fahrer haben in der Regel keine höhere Schulbildung und lernen die deutsche Sprache selten in der Schule. Ihre Sprachkenntnisse resultieren aus ihrem täglichen Umgang damit bei der Arbeit. Dementsprechend sind die Sprachkenntnisse sehr einfach mit geringem Wortschatz. Die Sprachbarrieren sind besonders in der Anfangsphase enorm schwierig zu überwinden. Dennoch sind die Firmen, die polnische LKW-Fahrer eingestellt haben, zumeist sehr zufrieden. Wie überall ist auch hier die Frage nach dem sprachlichen Lernfortschritt abhängig davon, wie oft und wie intensiv die polnischen Fahrer mit der deutschen Sprache in Kontakt kommen. Insofern lässt sich diese Frage nicht eindeutig beantworten, sondern ist eher ein Ergebnis von Routen- und Tourenplanung. Es ist hinreichend bekannt, dass ein Einsatz im Nah- oder Regionalverkehr mit vielen Auf- und Abladestellen – und damit mit vielen Kundenkontakten – sprachlich herausfordernder ist als beispielsweise ein Einsatz im internationalen Betrieb.

Fachliche Beurteilung
Obwohl die Mehrzahl der deutschen Unternehmen, die uns kontaktieren, über Probleme klagt, qualifizierte Fachkräfte für ihr eigenes Unternehmen zu gewinnen, sind sie immer noch skeptisch gegenüber Mitarbeitern mit ausländischen Berufsabschlüssen. Nur in etwa zehn Prozent der Unternehmen in Deutschland arbeiten derzeit ausländische Fachkräfte. Die Grenzen überschreitenden Logistikunternehmen gehören schon aufgrund ihrer Internationalität meiner Meinung nach zu den mutigsten und ausländerfreundlichsten Arbeitgebern in Deutschland.

Neun von zehn deutschen Firmen geben an, dass die polnischen Kraftfahrer über ein genauso hohes Leistungspotenzial verfügen wie Beschäftigte mit einer deutschen Kraftfahrerausbildung.

Ich habe festgestellt, dass auch die deutschen Fahrer gegenüber den polnischen Arbeitskollegen sehr offen und hilfsbereit sind. Deutsche Kraftfahrer arbeiten oft im Ausland und sind selbst manchmal auf Hilfe und Freundlichkeit angewiesen. Vielleicht gibt es auch deshalb so ein großes Verständnis und gutes Miteinander. 

Ungelöste Aufgaben
Nach meiner zweijährigen Erfahrung in der Vermittlung polnischer Arbeitskräfte sehe ich in einigen Bereichen noch Verbesserungsbedarf. Sehr oft zeigt jedoch erst die Praxis die Probleme, an die man am Anfang nicht gedacht hat.

  • Der Grund, warum ein polnischer Kraftfahrer in Deutschland (oder anderen EU-Ländern) arbeitet, hat sehr oft einen finanziellen Ursprung. Vordergründig ist eine Arbeitsaufnahme in Deutschland deshalb ein „Schritt nach vorn“. Bei näherer Betrachtung gibt es jedoch zwei Entwicklungen, die darauf Einfluss nehmen: Das Einkommensniveau in Polen steigt kontinuierlich an und macht eine Arbeitsaufnahme in Deutschland nur noch dann attraktiv, wenn eine entsprechende Differenz besteht, mithin die Einkommensmöglichkeiten in Deutschland als deutlich besser beurteilt werden. Darin liegt die zweite Problematik. Der Logistiksektor in Deutschland ist nicht dafür bekannt, auskömmliche Einkommen anzubieten.
  • Polnische Fahrer sind oft jung, verheiratet und haben Kinder in polnischen Schulen. Sie sind selten offen für einen kompletten Umzug nach Deutschland. Sie sind zwar oft bereit, unter sehr spartanischen Bedingungen in Deutschland zu leben. Den größten Teil des Lohns schicken sie aber zu ihrer Familie in Polen. Diesen Kraftfahrern ist es wichtig, dass sie an den freien Tagen, die sie im Auto verbringen, Zugang zu Sanitäreinrichtungen haben (Dusche/Waschmaschine). Der Mangel an ausreichenden sanitären Möglichkeiten und der Zugang zu ihnen zählen zu den häufigsten Kündigungsgründen.
  • Der ausländische Mitarbeiter ist außerdem sehr oft überfordert bei steuerrechtlichen und arbeitsrechtlichen Problemen. Es fehlen rechtliche Beratungsstellen, die den polnischen Mitarbeiter in seiner eigenen Muttersprache helfen können. Man zahlt die Steuern in Deutschland, man findet aber keinen Steuerberater, der polnisch spricht. Ein Beispiel mag das verdeutlichen. Als deutscher Steuerzahler kennt man den Unterschied zwischen „Brutto“ und „Netto“ und man kennt die Bestandteile, die das Brutto vermindern. Wenn man polnischen LKW-Fahrern monatliche Auszahlungen in bar übergibt, die knapp unter dem „Bruttogehalt“ liegen, ohne dass man seine Vorgehensweise erklärt, darf es nicht verwundern, dass die polnischen Steuerbehörden später Nachforderungen stellen und die Fahrer, die das Geld in gutem Glauben inzwischen ausgegeben haben, vor kaum lösbare finanzielle Probleme stellen.
  • Unternehmen wie auch die ausländischen Mitarbeiter – beide Seiten benötigen eine Anlaufstelle, an die sie sich wenden können, um die arbeitsrechtlichen oder steuerlichen Probleme zu bewältigen.
  • Um die Sprachkenntnisse zu verbessern, bleibt am Ende des Arbeitstages wenig Zeit übrig, um eine richtige Sprachschule zu besuchen. Deshalb mein Vorschlag: Die Sprachschulverleger könnten auch zum Beispiel Multimediasprachkurse auf CD-Rom und mp3-CD mit branchenspezifischen, sprachlichen Grundlagen anbieten. Das wäre eine preiswerte und zeitsparende Lösung, um die Grundbegriffe der deutschen Sprache besser zu beherrschen.