Eine neue Form mobilen Arbeitens findet in gemeinschaftlich genutzten Räumen statt. In diesen Coworking-Spaces werden technisch voll ausgestattete Büroarbeitsplätze bereitgestellt.  Neben dem technischen Service sind häufig noch das Mieten von Sitzungsräumen und die Inanspruchnahme von begleitenden Dienstleistungen (Catering) möglich.  Auch ländliche Kommunen können dadurch ihre Attraktivität steigern und den Zuzug jüngerer Menschen und Familien fördern. Diese wiederum realisieren den Wunsch nach naturnahem Wohnen und vermeiden gleichzeitig ein umweltbelastendes Pendeln zum Arbeitsplatz. 

Dass ein erfolgreiches Coworking auf dem Land  durchaus voraussetzungsvoll ist und inwiefern es sich von dem in urbaner Umgebung unterscheidet, zeigen die Ergebnisse der Studie "Coworking-Spaces im ländlichen Raum". Im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung und gemeinsam mit dem Netzwerk Zukunftsorte hat die CoWorkLand Genossenschaft hierfür 200  Interviews durchgeführt. Beteiligt waren Nutzerinnen und Nutzer sowie Gründer von Coworking-Spaces. Die Genossenschaft  unterstützt deutschlandweit ländliche Coworking-Spaces und betreibt zu Forschungszwecken mobile Container-Coworking-Arbeitsplätze. 

Auf dem Land ist vieles anders

Im Unterschied zu urbanen Umgebungen werden die neuen Arbeitsorte nicht nur von Selbstständigen und Freiberuflern, sondern in steigendem Maße von Angestellten genutzt. Zudem ist eine breitere Repräsentation von Branchen zu beobachten.

Die ländlichen Coworking-Geschäftsmodelle unterscheiden sich von denen in den Städten. Während urbane Konzepte prinzipiell global in allen Großstädten einzusetzen sind, hängt die Gestaltung ländlicher Angebote von der jeweiligen regionalen Kultur, der Nähe zur nächsten Stadt, der Siedlungs- und Wirtschaftsstruktur usw.  
Zudem funktionierten die ländlichen Geschäftsmodelle, so die AutorInnen, vor allem dort, wo für den Aufbau als auch die Vermarktung Netzwerke genutzt werden können. Nicht zuletzt im Zuge der Pandemie wünschen Menschen zunehmend verschiedene "anlassbezogene" Arbeitsorte. Ländliche Regionen profitieren von diesem Wunsch nach Flexibilität. Die AutorInnen erkennen bereits  belebende Effekte  auf Dorfgemeinschaften. Unter dem Strich aber, beschreibt das AutorInnenTeam den gegenwärtigen Stand des Coworking auf dem Land als "gesellschaftlich wünschenswert, aber bisher selten wirtschaftlich". Dennoch gibt es sich in seinem Ausblick zuversichtlich. Für den Fall, dass künftig mehr Arbeitgeber für eine steigende Zahl von Angestellten Coworking-Arbeitsplätze mieten, könne nämlich 

... der Faktor Unternehmen als Auftrageber:innen stärker als ursprünglich ins Kalkül bei der der Einschätzung der potentiellen Wirtschaftlichkeit (...) als positives Element hinzugezogen werden. 

Motivation der Nutzerinnen und Nutzer

Die von den Forschenden gefundene Typologie der "neuen Landarbeiter:innen" ist breit: Sie reicht von "digitalen Nomaden", bei denen es sich laut Studie in Zukunft immer häufiger um festangestellte Menschen handeln wird, über Kreative bis hin zu Menschen aus dem IT-Bereich, dem Handwerk und der Pädagogik. 

Eigentlich wollte ich nur meine Mutter mit dem Camper nach St. Peter fahren, aber dann habe ich gesehen, dass hier ein Coworking-Space ist und habe mich einfach für eine Woche hier eingemietet " (Studie S. 25)

Die wichtigsten Vorteile für die Nutzung eines Coworking-Space gegenüber dem Homeoffice bestehen laut Studie für die Angehörigen des Typs "Pendler:in" u.a. darin, dass

  • ein Ort gewünscht werde, an dem "man nicht unbedingt mit anderen, aber neben anderen arbeiten" kann  
  • der Arbeitsort  mit dem Feierabend verlassen wird
  • ein von familiären Pflichten ungestörtes Arbeiten ermöglichen
  •  gut ausgestattete, funktionierende Arbeitsplätze sowie verschiedene Nutzungsmöglichkeit von Räumen zur Verfügung stehen

Diese Motive dürften sich im großen und ganzen nicht von denen der vorwiegend in urbanen Räumen wirkenden Coworkern unterscheiden. 

Coworkability 

Die Interviews zeigten auch:  eine Reihe von Voraussetzungen ist geeignet, Coworking besonders erfolgreich zu betreiben (S. 16):

  • Coworker und Coworkerinnen müssen über ein ausreichendes Maß an technische Tools und Skills verfügen. Dazu gehört der Umgang mit unterschiedlichsten Apps und online-Services oder die Datenverwaltung in der Cloud
  •  Sie sollten weitgehend autonom über Ort und Zeit ihrer Arbeit entscheiden dürfen. Enge betriebliche Regelungen erscheinen kontraproduktiv. 
  • Es geht beim Coworking in erster Linie um Wissensarbeit.   Je höher der Anteil der am Laptop verbrachten Arbeitszeit ist, desto höher ist die
    Coworkability eines Berufsbildes.
  • Coworker sind keine Eigenbrötler. Sie schließen sich zu agilen Teams zusammen, deren Mitglieder im gleichen Raum oder weit entfernt arbeiten können. 
  • Coworker bewegen sich in digitalen und realen Netzwerken. "Sie  sie machen keine Karriere, die dauerhafte Präsenz vor Ort und Wahrnehmung durch die Vorgesetzten verlangt." 
  • Coworker legen großen Wert auf individuell und variabel gestaltete Arbeit. "Die Arbeit muss zum Leben passen, nicht umgekehrt."  

Mein Fazit: Eine interessante Studie. Coworking eignet sich sicher nicht für jede und jeden und ist eine Frage der Ausgestaltung. Als Beitrag zur ländlichen Entwicklung und Wiederbelebung einerseits und einer zufriedenstellenden Work-Life-Balance anderseits erscheint das Modell zukunftsträchtig.

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