Weiterbildung für Ältere forcieren

Aufgrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels rücken ältere Beschäftigte zunehmend in den Fokus der Personalpolitik. Ihr Anteil an der Belegschaft wächst, und ihr Erfahrungswissen ist ein wertvoller Beitrag zum Unternehmenserfolg. Damit sie auch bei technischen und organisatorischen Neuerungen mithalten können, brauchen sie passgenaue Qualifizierungen. Doch gerade Beschäftigte ab 55 nehmen in Deutschland laut Statistischen Bundesamt deutlich seltener an Weiterbildungen teil als jüngere Altersgruppen. Gerade bei einer Altersgruppe, für die Lebenslanges Lernen besonders wichtig ist, wird dieses Prinzip nur unzureichend berücksichtigt.

Passgenaue Qualifizierungen für Ältere

Die Gründe sind vielfältig: Viele Unternehmen befürchten, dass sich Investitionen kurz vor dem Ruhestand nicht mehr lohnen. Negative Altersbilder halten sich hartnäckig – etwa, dass Ältere weniger lernbereit seien. Manche Ältere zweifeln selbst an ihrer Fähigkeit, mit der Digitalisierung Schritt halten zu können. Und viele Weiterbildungsformate sind schlicht nicht auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten: Sie wünschen sich Praxisnähe, Relevanz und die Möglichkeit, eigenes Wissen einzubringen. Wie man diese Hindernisse überwindet, zeigt ams Osram im bayerischen Schwabmünchen.

Mit der neuen Technik Schritt halten

Hier arbeiten rund 280 Mitarbeitende an hochspezialisierten Produkten für die LED- und Leuchtmittelindustrie. Die Produktion ist hochflexibel und digitalisiert – „Smart Manufacturing“ ist der Standard. Damit alle mit der Technik Schritt halten können, setzt das Unternehmen auf altersgemischte Teams, in denen Lernen ein integraler Bestandteil der täglichen Arbeit ist.

Weiterbildungsangebote bedeuten auch Wertschätzung

Für Werkleiter Ingo Hild ist lebenslanges Lernen ein Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit. Er betont: „Lernen auf Vorrat ist zentral – denn die VUCA-Welt fordert uns ständig neu heraus.“ Das gelte für alle Generationen – besonders auch für ältere Beschäftigte. Herr Hild stellt klar: „Du bist nie zu alt für Weiterbildung. Das machen wir selbst bei Mitarbeitenden kurz vor der Rente. Jeder Tag, an dem wir sie weiterbilden, ist ein wertvoller Tag.“ Die Weiterbildung Älterer wird hier nicht nur als Qualifikationsmaßnahme verstanden, sondern auch als Zeichen der Wertschätzung: Ältere gehören zur Entwicklung des Unternehmens dazu – und werden nicht aufs Abstellgleis geschoben.

Lernen in altersgemischten Teams

Ein zentrales Element im Betrieb ist der generationenübergreifende Wissenstransfer. Altersgemischte Teams, Reverse Mentoring und Tandemlösungen prägen die Zusammenarbeit. Anders als beim klassischen Mentoring fließt beim Reverse Mentoring Wissen in beide Richtungen: Jüngere profitieren vom Erfahrungsschatz der Älteren, die Älteren lernen von den digitalen Fähigkeiten der Jüngeren. Tandems erleichtern den Übergang bei Nachfolgen und sorgen dafür, dass Erfahrungswissen nicht verloren geht. Herr Hild beschreibt die Dynamik so: „Die Älteren geben Reife, Ruhe, Seniorität. Die Jungen sagen: Schau mal, so funktioniert das mit der Gestensteuerung, oder: Ich zeig dir, wie du das auf dem Desktop speicherst. Und plötzlich hat man eine Win-win-Situation.“

Keine Konkurrenz aufbauen, Druck vermeiden

Die Bereitschaft, voneinander zu lernen, ersetzt Konkurrenz durch Kollegialität. Auch das Statusgefüge im Betrieb wird durch diese neue Lernkultur positiv beeinflusst. Dass Lernen im Alter funktioniert, zeigt sich in der täglichen Praxis – vorausgesetzt, es wird sensibel gestaltet. Denn technologische Neuerungen können bei älteren Mitarbeitenden auch Verunsicherung auslösen. Wer sich im Betrieb über Jahre hinweg einen guten Status erarbeitet hat, empfindet Veränderungen mitunter als Bedrohung. Herr Hild bringt es auf den Punkt: „Man steht plötzlich wie beim 100-Meter-Lauf wieder an der Startlinie – im Wettstreit mit Jüngeren.“ Der Betrieb begegnet solchen Gefühlen mit Offenheit, nicht mit Druck. Lebenslanges Lernen sollte ja nicht als Zwang, sondern als persönlich bereichernd erlebt werden.

Lebenslanges Lernen im Kreis der Kolleginnen und Kollegen

Entscheidend dafür ist ein Arbeitsklima, bei dem die Weitergabe von Wissen und kollegiale Unterstützung selbstverständlich und "eingelebt" sind. Lernen in einem freundlichen Umfeld ist stets mit Kommunikation, guten Gesprächen zwischen allen Beteiligten verbunden. Informeller Wissenstransfer und kurze Wege schaffen Vertrauen. „Man geht als Älterer einfach zum Kollegen, lässt sich etwas zeigen – ohne Gesichtsverlust. Das klappt wunderbar.“

Ältere lernen nicht schlechter, sondern anders

Dabei wird deutlich: Ältere lernen nicht schlechter – nur anders. Zwar lässt die Geschwindigkeit der Informationsverarbeitung nach, doch die Fähigkeit, neue Inhalte in vorhandenes Wissen einzuordnen, steigt. Darauf baut die ams Osram  auf – mit Lernangeboten, die praktische Relevanz haben und das Erfahrungswissen der Mitarbeitenden wertschätzen.

Weiterbildung für Ältere lohnt sich - auch in größerem Stil  

Auch anspruchsvolle und umfangreiche Weiterbildungen für ältere Beschäftigte können großen Erfolg haben. Die zeigte einige Jahre zuvor das firmeneigene Beispiel aus dem WeGebAU-Programm. Über 12 % der Belegschaft wurden von fachfremden in qualifizierte Tätigkeiten der Metall- und Elektroindustrie weitergebildet. Anfangs sei es für viele schwierig gewesen, berichtet Herr Hild – doch am Ende waren alle sehr zufrieden. „Die Leute wissen, warum sie das machen – für sich selbst. Damit sie etwas Greifbares haben. Und auf lange Sicht holen die Älteren beim Lernen wieder auf.“

Dieser Beitrag steht in Zusammenhang mit unserer Praxishilfe: „So gelingt eine gute Zusammenarbeit der Generationen“. Hierzu haben wir zwei weitere Veröffentlichungen:

Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie eine gute Zusammenarbeit der Generationen gelingt?

In der Praxishilfe finden Sie Ergebnisse unserer Unternehmensbefragung über die Zusammenarbeit der Generationen. Es geht dabei um Erfahrungen von Betrieben mit jüngeren und älteren Beschäftigten sowie um Möglichkeiten, für ein gutes Miteinander zu sorgen. Darüber hinaus erhalten Sie Tipps für eine generationengerechte Arbeitsgestaltung, lebensphasenorientierte Personalpolitik und praxisbezogenes Lernen im Job.

Bildquellen und Copyright-Hinweise
  • © Getty Images/iStockphoto, 1263424631 / iStock.com – Composing Buch und Laptop (2262_composing-buch-und-laptop.jpg)

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