Nachteile und Stolpersteine im Gründungsprozess

Nachteile und Stolpersteine im Gründungsprozess

Altersspezifische Gründungsbarrieren

Als mögliche altersspezifische Probleme für Gründungswillige ab 45 Jahren werden am häufigsten die hohen Opportunitätskosten im Alter, die nachlassende Gesundheit und physische Belastbarkeit, eine kürzere Wertschöpfungsphase, geringere Flexibilität und das veraltete Wissen angeführt. Auch die großen Unsicherheiten, die sich aus dem Wechsel im sozialen Status ergeben und die damit verbundenen negativen Anreize der staatlichen sozialen Sicherungssysteme sind ein wichtiges Hindernis für die Gründung im Alter (Faulenbach et al., 2008, Kautonen, 2008, EU/OCDE, 2013). Außerdem nehmen gründungsrelevante Persönlichkeitsmerkmale wie Risikobereitschaft und Machbarkeitsdenken mit zunehmendem Alter eher ab (IHK OWL, 2012).

Verschiedene typische Nachholbedarfe von Gründern, darunter unzureichende Marketing- und Vertriebskenntnisse oder mangelnde Erfahrung mit Informations- und Kommunikationstechnologien, sind ebenfalls eher altersspezifische Barrieren und können den Weg in die Selbstständigkeit erschweren.

Probleme der Gründer… …nach RKW-Studie 2010

Im Rahmen der RKW-Studie 2010 wurden in einer Umfrage die Probleme der Gründer ab 45 Jahren ermittelt. Die "Top Five" der angegebenen Problemfelder waren: Kundengewinnung, zu wenig Eigenkapital, fehlendes Know-how im Bereich Marketing und Vertrieb, die Angst zu scheitern und unzureichendes Wissen in rechtlichen Fragen sowie in den Bereichen Controlling und Rechnungswesen. Weitere Schwierigkeiten betreffen insbesondere die notwendige (kaufmännische) Qualifizierung zum Beispiel für die Businessplanformulierung und fehlende Kenntnisse im Bereich Finanzierung. Diese Hemmnisse im Gründungsprozess werden auch in späteren Untersuchungen genannt, wenngleich in geänderter Reihenfolge.

Bei Franke stehen die Finanzierungsschwierigkeiten (Kreditvergabe, Investitionskosten) jeweils an erster und zweiter Stelle, die fehlende Unterstützung aus dem familiären oder privaten Umfeld belegt den dritten Platz, gefolgt von der Kundengewinnung an vierter Stelle. Weitere hemmende Faktoren sind das Thema soziale Absicherung und das Bestehen negativer Vorbilder (2012, S. 220-221)38. Eine gewichtige Hürde stellt beim Thema Finanzierung vor allem das Gespräch mit den Banken dar, da diese aufgrund des höheren Alters Rückzahlungsrisiken befürchten (Domröse und Heldner, 2007, Engel et al., 2007, Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung, 2007, Trettin et al., 2007, RKW, 2010, Franke 2012).

…nach Franke 2012

Eine mögliche Klassifizierung stellt Franke vor, die zwischen drei zentralen Gruppen von hemmenden Faktoren für die hier untersuchte Zielgruppe unterscheidet (Franke, 2012, S. 207):

  • Emotionale Hemmnisse: Ängste, Unsicherheiten, Bequemlichkeit
  • Hemmnisse aufgrund persönlicher Defizite: diskontinuierliche Berufsbiografie, keine Gründungsidee, geringe Gründungserfahrung
  • Hemmnisse aufgrund externer Rahmenbedingungen: mangelndes Eigenkapital, familiäre Verpflichtungen.

Die "mentalen" Hemmnisse

Aber auch die "mentalen" Hemmnisse in der Gesellschaft können das Entstehen und Gedeihen von Gründungsvorhaben von Menschen ab einem gewissen Alter gefährden. Darunter fallen die verbreiteten Klischees zur Leistungsfähigkeit älterer Menschen, die unzureichende gesellschaftliche Anerkennung, in einigen Fällen eine latente Altersdiskriminierung und die fehlenden Vorbilder.

Die Befunde zum Thema Angst vor dem Scheitern sind teilweise widersprüchlich, weshalb diese nicht als altersspezifisches Hemmnis eingeordnet werden kann. Im Gegensatz zu anderen gehen einige Autoren sogar davon aus, dass junge Gründer weniger risikofreudig sind und den Schritt in die Selbstständigkeit vor allem wagen, wenn sie Geld benötigen (Kohn und Spengler, 2008, Werner, 2009). Bei Jüngeren ist die Erwerbslosigkeit immer noch eine wichtige Antriebsfeder für die Selbstständigkeit (IHK OWL, 2012), während Ältere häufiger als Erwerbstätige ein Unternehmen starten.

Problemfelder nach Gründungsphasen

Die 2010 vom RKW identifizierten Problemfelder unterscheiden sich stark nach Gründungsphasen und ihre Anzahl reduziert sich im Laufe des Gründungsverlaufs. So dominieren von der Ideenfindungs- bis zum Erreichen der Umsetzungsphase die Unsicherheiten über die Finanzierung (zu wenig Kapital), die in der Umsetzungsphase in Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe münden. Ab der Umsetzungsphase wird die Kundengewinnung zum Hauptproblem und von der Umsetzungs- bis zur Festigungsphase treten hauptsächlich Defizite in den Bereichen Marketing und Vertrieb sowie Kundengewinnung auf. - Die hier beschriebenen Ergebnisse sind in 'Tabelle 8: Die größten Problemfelder der Gründer 45+ nach Phasen im Gründungsprozess' zu finden und können dem entsprechenden pdf-Dokument des Leitfadens entnommen werden.

Die identifizierten Problemfelder sind in Tabelle 8: 'Die größten Problemfelder der Gründer 45+ nach Phasen im Gründungsprozess' aufgelistet, welche dem entsprechenden pdf-Dokument des Leitfadens entnommen werden kann.

Bedarfe der Gründer 45+

Anknüpfend an die identifizierten Probleme wurden von den befragten Existenzgründern folgende Bedarfe geäußert: Finanzierungsformen speziell für ältere Gründer, Erfahrungsaustausch von Menschen mit und ohne Gründungserfahrung, Förderung des Ideenaustausches von Gründungswilligen (Netzwerkbildung), Beratungsangebote speziell für ältere Gründer zu den Themen Finanzierung und Absicherung (Rente und Altersvorsorge) und Aufklärung über rechtliche Fragen und Vereinfachung der Abwicklung des formalen Gründungsprozesses.

Weitere Bedarfe betrafen eine Versicherung für den Fall des Scheiterns, Begleitung während und nach der Gründung und Qualifizierungsangebote speziell für ältere Gründer. In der älteren Altersklasse (65 bis 69) sind einige Besonderheiten zu nennen: Sie benötigen eine umfassendere Unterstützung (Beratung, Qualifizierung und Finanzierungsformen speziell für ältere Gründer) und vor allem das Verständnis und die "Unterstützung durch das Umfeld" (Familie, Freunde und Bekannten) erweisen sich für sie als ganz entscheidend.