Wettbewerbsfähig bleiben mit strategischer Personalarbeit

Eine strategische Ausrichtung der Personalarbeit, oder – umgekehrt – eine personalwirtschaftliche Umsetzung der Unternehmensstrategie ist wichtig, wenn Unternehmen auch künftig die passenden Mitarbeiter zur richtigen Zeit am richtigen Ort haben wollen. Sie sorgt dafür, dass Investitionen in das Personal dort erfolgen, wo der größte Nutzen für das Unternehmen entsteht. Sie ist mit wenig Aufwand umsetzbar.

Mit Personalstrategien kann ein Unternehmen Zeit gewinnen – und damit Wettbewerbsvorteile. Das funktioniert auch dann dann, wenn eine ausformulierte Unternehmensstrategie fehlt. Wichtig ist, dass das Unternehmen weiß, auf welchen Märkten es mit welchen Angeboten in den nächsten Jahren wachsen oder auch schrumpfen will. Die passenden Fachkräfte sind dafür eine strategischen Schlüsselgröße. Eine gute Unternehmensstrategie steuert diese Schlüsselgrößen und ebnet damit den Weg zur Erreichung der Unternehmensziele. Die verschiedenen Funktions- oder Geschäftsbereiche bekommen so ihre Orientierung und kennen die Beiträge, die sie zur Umsetzung der Strategie leisten müssen. Aber wie vorgehen, wenn man keine Ressourcen für eine große Personalabteilung hat?

Aus der Praxis: Personalstrategie als roter Faden

"Wir brauchen den roten Faden, um für das operative Geschäft gewappnet zu sein und uns nicht zu verzetteln." Heike Waldhoff-Koch führt mit ihrem Mann den Dachdeckermeisterbetrieb Heinrich Koch im westfälischen Warburg mit neun Beschäftigten. Das Unternehmen hat viele, eher kleinere Aufträge von Privatkunden mit einer hohen Beratungsintensität. Qualität und viel Service spielen daher eine große Rolle, weniger das Unternehmenswachstum. Und was bedeutet das für die Personalarbeit?

"Wir reden viel miteinander und versuchen einerseits unsere Strategie, insbesondere unseren hohen Anspruch an Qualität und Kundenorientierung, immer wieder deutlich zu machen. Andererseits versuchen wir auch auf die Vorstellungen der Mitarbeiter einzugehen, zum Beispiel bei der Zusammensetzung von Projektteams, der Auswahl von Fortbildungen oder der Nachfolgeplanung. Sie können Verantwortung übernehmen und bekommen viel Freiraum bei der Erfüllung ihrer Aufgaben, aber auch auf Kleinigkeiten, wie vernünftige Arbeitskleidung, achten wir. Damit wollen wir nicht nur unsere Qualitätsstrategie umsetzen, sondern die Mitarbeiter auch möglichst gut an uns binden. Dass der Markt gute Fachkräfte nicht mehr einfach so hergibt, wird besonders deutlich bei der Suche nach Azubis: Die bekommen wir nicht mehr einfach so. Das ist aber eben auch ein Zeichen dafür, dass der Markt sich verändern wird. Gute Handwerksleistungen werden künftig nicht mehr so einfach zu kriegen sein."

Jobfamilien: Zusammenfassen, was sich gleicht

Ein Jobfamilien-Konzept kann Ihnen helfen, die Komplexität im Bereich "Personal" zu senken. So gesehen, ist es ein wichtiges Handwerkszeug für die Personaler. Planung und Personalmarketing, Fachlaufbahnen und Kompetenzmanagement und schließlich auch das Personalcontrolling können Sie auf das Jobfamilien-Konzept aufsetzen.

Die Kernfrage ist: Für welche Stellen im Unternehmen sind die Anforderungen gleich oder sehr ähnlich? Zur Definition einer Jobfamilie gehören neben dem Anforderungsprofil auch eine Beschreibung der Rekrutierungs-/Entwicklungswege beziehungsweise Laufbahnen. Die Beschreibungen sollten natürlich auf einheitlichen Kriterien aufbauen.

Die nächsten Fragen lauten: Wie wichtig ist die jeweilige Jobfamilie für den Geschäftserfolg? Wie sieht die Altersstruktur der wichtigsten Jobfamilien aus? Und wie leicht oder wie schwierig lassen sich Stellen in einer Jobfamilie vom Arbeitsmarkt besetzen? Oder kann eine Jobfamilie eine andere "beliefern"? Welche Vorlaufzeiten sind zu beachten, bis jemand das Anforderungsprofil der Jobfamilie erfüllt?

Sie haben damit ein schlankes, einfaches Instrument an der Hand, das

  • bei der Personalsuche die Frage beantwortet: Wen suchen Sie genau? Wann brauchen Sie die Kompetenzen?
  • die Grundlage schafft, um Entwicklungspfade in Ihrem Unternehmen zu definieren und die Personalentwicklung zu systematisieren. Beides sind wichtige Aspekte für die Bindung von Fachkräften.

Schlüsselkräfte: Erfolgsfaktoren im Unternehmen

Quer zu den prioritären Jobfamilien gibt es in jedem Unternehmen Positionen, die so wichtig sind, dass Sie sie mit Schlüsselkräften besetzen sollten. Schlüsselkräfte sind diejenige, deren bereits temporärer Ausfall das Geschäft empfindlich beeinträchtigen würde, die durch ihre Erfahrung, ihr Wissen und ihre Kompetenz zum wirtschaftlichen Erfolg und/oder zur Außenwirkung des Unternehmens wesentlich beitragen. Das sind nicht per se die Führungskräfte, auch wenn dies gerade in kleineren Unternehmen oft der Fall ist. Schlüsselkräfte findet man auf allen Hierarchieebenen.

Im Idealfall besetzen Sie die Schlüsselpositionen, also die Stellen im Unternehmen, die für den wirtschaftlichen Erfolg ausschlaggebend sind, ausschließlich mit Schlüsselkräften.

Schlüsselpositionen und Schlüsselkräfte zu kennen, erleichtert Ihnen die Personalplanung. Sie können beispielsweise Nachwuchskräfte mit Potenzial gezielt fördern, damit sie in solche Positionen hineinwachsen.

Strategische Personalplanung: Agieren statt reagieren

Strategische Personalplanung ist gewissermaßen der Link zwischen Unternehmensplanung und Personalarbeit. Ausgangspunkt sind Ihre Jobfamilien, dann folgen fünf weitere Schritte:

  1. Jobfamilien priorisieren: Wählen Sie die Jobfamilien aus, die die größte Bedeutung für Wettbewerbsstärken Ihres Unternehmens haben. In einem Unternehmen mit wettbewerbsentscheidender Kostenposition könnte z. B. die Jobfamilie "Einkäufer" dazu zählen.
  2. Strategische Treiber identifizieren: Leiten Sie aus den Zielen Ihres Unternehmens die Treiber für Ihren zukünftigen Personalbedarf ab. Das können z. B. Wachstumsziele, Eroberung neuer Märkte oder geplante technische Entwicklungen sein. 
  3. Strategische Betroffenheit analysieren: Sie bestimmen die Wirkungen dieser strategischen Treiber auf Ihre prioritären Jobfamilien. Beispielsweise kann sich ein absehbares Umsatzwachstum im Marktsegment Maschinenbau stark auf Ihren Bedarf nach Konstrukteuren auswirken, auf die Jobfamilie Einkäufer eher weniger. 
  4. Risikoprofile erstellen: Sie prüfen, wie groß das Kapazitäts-, Kompetenz-, Beschaffungs- und Altersrisiko für die wichtigsten Jobfamilien ist. Dabei könnte sich beispielsweise zeigen, dass Außendienstmitarbeiter altersbedingt bald ausscheiden werden (Altersrisiko), sie aber auf dem Arbeitsmarkt nicht ohne weiteres verfügbar sind (Beschaffungsrisiko). 
  5. Strategisch relevante Maßnahmen planen: Sie können nun genau bestimmen, welche personalwirtschaftlichen Maßnahmen kurz-, mittelund langfristig strategisch notwendig sind (und welche nicht) und diese planen. Das könnte eine detaillierte Identifizierung der relevanten Arbeitsmärkte für eine wichtige Jobfamilie sein und/oder die Festlegung interner Rekrutierungswege für diese Jobfamilie.

Die Planung ist nun eine gesicherte Ausgangsbasis, um beispielsweise Fachlaufbahnen einzuführen und das Personalmarketing zu optimieren. Lesen Sie mehr dazu unter den Themen "Personal finden" (S. 34) und "attraktive Arbeitsbedingungen schaffen" (S. 12)

Kompetenzmanagement: Qualifikationen und Anforderungen abgleichen

Ein einfaches Kompetenzmanagement unterstützt Sie dabei, Personalbeschaffung und -entwicklung bis auf den einzelnen Arbeitsplatz zu steuern. Dazu legen Sie fest, welche Anforderungen an die Kompetenzen gestellt werden und welche Verantwortlichkeiten damit verbunden sind.

Kompetenzen kann man schlicht als die Summe aus Können, Wollen und Dürfen beschreiben. Unabhängig von Personen können Sie ein Funktionendiagramm erstellen: Dazu geben Sie für jede einzelne Aufgabe innerhalb einer Funktion, beispielsweise Einkauf, an, was dafür an Kompetenzen erforderlich ist: Ausführen, entscheiden, wen informieren, kontrollieren, mitsprechen und planen. Aus der Matrix ergibt sich vertikal jeweils eine Stellenbeschreibung. Horizontal können Sie nun die Personen zufügen und sehen die Arbeitsteilung zwischen ihnen.

Der nächste Schritt ist der Abgleich zwischen den Funktionen und dem Können der Betreffenden in einer sogenannten Qualifikationsmatrix. Ihre Weiterbildung kann nun gezielt an möglicherweise festgestellten Defiziten ansetzen oder z. B. das Kompetenz-Soll so erhöhen, dass der Bereich eine größere Einsatzflexibilität erreicht.

Individuelle Weiterbildungspläne ordnen sich so den Erfordernissen Ihres Unternehmens unter. Zusätzlich erleichtert Ihnen dieses Vorgehen das Bildungscontrolling (Mehr dazu auf Seite 17).

Tipp

Der Betriebsrat hat nach § 94 Betriebsverfassungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um die Einführung und das Arbeiten mit einer Qualifikationsmatrix geht. Darum sollten Sie ihn früh einbinden und beteiligen.

Personalkennzahlen: Erfolg und Anpassungsbedarf feststellen

Mit Personalkennzahlen können Sie überprüfen, ob Ihre strategischen Maßnahmen im Personalmanagement die erwünschten Erfolge bringen. Personalkennzahlen verdichten komplexe Sachverhalte, bringen sie gewissermaßen auf den Punkt. Sie lenken die Aufmerksamkeit auf die richtigen Themen und liefern Fakten für wichtige Entscheidungen.

Die wesentlichen Fragen, zu deren Beantwortung Personalkennzahlen benutzt werden können, sind:

  •  Trägt unser Personalmanagement zum Erreichen der Unternehmensziele bei?
  • Wo stehen wir im Branchenvergleich sowie im Vergleich zu unseren Wettbewerbern?
  • Welche Risiken und Fehlentwicklungen sind erkennbar?

Typische Personalkennzahlen messen die Entwicklung von Personalkosten, Personalproduktivität und Altersstruktur, von Einsatzflexibilität der Beschäftigten, Personalfluktuation oder Krankenstand. Sie können beispielsweise an der Zahl eingegangener (Spontan-)Bewerbungen und ihrer Passgenauigkeit ablesen, ob Ihr Unternehmen für bestimmte Arbeitsmärkte attraktiv ist oder ob Ihr Personalmarketing in die richtige Richtung geht.

Bevor Sie mit dem Datensammeln anfangen, sollten Sie für jede Kennzahl festlegen, wozu und wie häufig sie erhoben wird, was ihre Messgröße ist und wie sie zu interpretieren ist. Ist die Kennzahl zu beschreiben als eine absolute Zahl oder ein Prozentwert? Ganz wichtig: Woher kommt die Vergleichsbasis, ohne die die Kennzahl "l’art pour l’art" bleibt.

Für das Arbeiten mit den Personalkennzahlen (strategisch, operativ, im Personalmanagement) sollten Sie festlegen, wer zu welchen Zeitpunkten über welche Personalkennzahlen zu informieren ist, und bei welchen Gelegenheiten welche Personalkennzahlen zum Bestandteil einer Tagesordnung werden. Zudem sollten Sie regelmäßig Ihr Kennzahlentableau überprüfen und bei Bedarf anpassen.

Projektinfo

Wettbewerbsfähig mit strategischer Personalarbeit

Einfache, auch für kleine Unternehmen geeignete Instrumente für eine strategisch ausgerichtete Personalarbeit werden (weiterentwickelt und in Pilotunternehmen erprobt. Die miteinander verknüpften Bausteine sind Jobfamilien-Konzept, strategische Personalplanung, Fachund Projektlaufbahnen, Personalmarketing und Personalkennzahlen. Die Ergebnisse werden kontinuierlich veröffentlicht, so dass alle Unternehmen davon profitieren können. Laufzeit: 2014 bis 2016.