Um die arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen umzusetzen, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein. Die Anzahl der Schichtgruppen muss größer sein als die Anzahl der Schichtarten. Wird täglich eine Früh-, Spätund Nachtschicht benötigt, sind vier Schichtgruppen erforderlich, um die Empfehlungen umzusetzen.

Die folgende Abbildung verdeutlicht, warum dies mit weniger Schichtgruppen nicht möglich ist. Bei allen Versuchen müssten letztlich auf Nachtschichten zu Wochenbeginn unmittelbar Frühoder Spätschichten folgen. Damit würde jedoch die gesetzliche Ruhezeit von elf Stunden unterschritten. Mit vier Schichtgruppen wäre dies vermeidbar. Die wöchentliche Arbeitszeit würde dann aber auf 30 Stunden sinken. Die zusätzliche Personalkapazität erfordert längere Betriebszeiten.

Probleme bei der Umsetzung arbeitswissenschaftlicher Empfehlungen mit drei Schichtgruppen

Eine Alternative könnte der Einsatz von sieben „halben“ Schichtgruppen sein, von denen jeweils zwei eine komplette Schichtmannschaft bilden. Hierfür muss der Personalbedarf geradzahlig sein. Außerdem sind die nachteiligen Schichtfolgen Nacht/Frei/Früh oder Nacht/Frei/Spät nicht zu vermeiden.

Schichtpläne für eine Betriebszeit von 120 Stunden/Woche mit 7 Schichtgruppen

Neben den beschriebenen methodischen Voraussetzungen müssen auch personelle und wirtschaftliche Voraussetzungen erfüllt sein. Eventuell benötigtes zusätzliches Personal muss vorhanden sein. Die Auswirkung von zusätzlichem Personal, der Reduzierung von Überstunden und anderen Faktoren auf die betriebsspezifischen Kosten ist im Vorfeld zu prüfen.

Nutzen der arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen

Nach anfänglicher Skepsis beurteilen die meisten Mitarbeiter Schichtpläne gemäß den arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen nach längerer Probezeit positiv. Bei 32 beobachteten Umstellungen von langsam rückwärts auf schnell vorwärts rotierende Systeme entschieden sich durchschnittlich 83 Prozent von 703 befragten Mitarbeitern für die Beibehaltung des neuen Schichtplans (Knauth und Hornberger, 1997).

Mitarbeiter beurteilen die neuen Schichtpläne dabei in der Regel als positiv für ihren Schlaf und schätzen die gleichmäßigere Verteilung schichtbedingter Belastungen.

Durchschnittliche Arbeitsfähigkeitsindizes von Mitarbeitern aus verschiedenen Schichtsystemen

Die arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen wirken sich wahrscheinlich auch positiv auf die Arbeitsfähigkeit im Alter aus. Im Forschungsprojekt „Kronos“ wurde unter anderem festgestellt, dass Mitarbeiter, die nach einem Plan mit arbeitswissenschaftlich empfohlenem schnellen Vorwärtswechsel der Schichtart arbeiteten, über alle Altersklassen hinweg einen höheren Arbeitsfähigkeitsindex hatten als Mitarbeiter, die nach einem langsam rückwärts rollierenden System arbeiteten (Knauth et al. 2009). Die Wirkung anderer Faktoren neben dem Schichtmodell kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Stolpersteine bei der Umsetzung arbeitswissenschaftlicher Empfehlungen

Trotz der positiven Effekte lehnen viele Mitarbeiter die Einführung von Plänen, die arbeitswissenschaftliche Empfehlungen berücksichtigen, vehement ab. Geschäftsführung und Betriebsrat sollten davor nicht zurückschrecken und einen Probebetrieb in Pilotbereichen ermöglichen, nach dem die Mitarbeiter dann über die Beibehaltung des neuen Schichtplanes abstimmen können.

Widerstände in der Belegschaft haben vielfältige Ursachen: Alltag und Familienleben müssen bei einem Schichtplanwechsel neu organisiert werden. Das bedeutet für betroffene Mitarbeiter einen erheblichen Aufwand. Zudem wird das Risiko gesehen, keine Lösung zu finden. Vor allem, wenn in einer Partnerschaft beide Schichtarbeit leisten und Kinder oder andere Verwandte zu betreuen sind, sind Unsicherheit und Aufwand hoch. Schichtplanumstellungen sind außerdem oft mit einer längeren Betriebszeit verbunden. Bei einer Umstellung von 120 Stunden (5-Tage-Woche) auf 144 Stunden (6-Tage-Woche) Betriebszeit kommen regelmäßige Wochenendeinsätze hinzu. Widerstände richten sich dann unter Umständen mehr gegen die neue regelmäßige Wochenendarbeit als gegen die geänderte Schichtfolge.

Wenn vorher freiwillige Samstagsarbeit mit Überstunden geleistet wurde, hat bei einer Umstellung ein Teil der Mitarbeiter außerdem erhebliche Entgeltverluste. Finanzielle Einbußen sind eine wichtige Ursache für Widerstände gegen Schichtplanumstellungen.

In der betrieblichen Diskussion müssen die eigentlichen Ursachen erkannt und getrennt voneinander behandelt werden. Bisherige Erfahrungen zeigen, dass Widerstände am besten zu überwinden sind, wenn die Mitarbeiter in die Planung einbezogen werden. Neue Pläne sollten zunächst nur befristet und in Pilotbereichen eingeführt werden. Nach einer Testphase sollten die Mitarbeiter über die Beibehaltung des neuen Plans abstimmen (Knauth und Hornberger 1997). Die Probephase sollte möglichst ein Jahr nicht unterschreiten. Erst nach einer längeren Testzeit ist der Alltag neu organisiert, und die Wirkung des neuen Plans auf den eigenen Körper kann zuverlässig eingeschätzt und beurteilt werden.