Bevor ein Team mit dem Teamradar startet, lohnt sich eine kurze, aber entscheidende Frage: Sind wir bereit, alles Relevante auf den Tisch zu legen – auch das, was bisher nur zwischen den Zeilen gesagt wurde?
Wir nennen das augenzwinkernd die Aufnahmeprüfung. Sie ist kein Test, bei dem jemand durchfallen kann, sondern ein Signal: Wir trauen uns, ehrlich und respektvoll miteinander zu sprechen, ohne Angst, dass es uns (oder anderen) persönlich schadet.
Warum psychologische Sicherheit so wichtig ist
Hinter dieser Idee steckt solide Forschung. Die Organisationspsychologin Amy C. Edmondson (Harvard Business School) hat gezeigt: Teams, in denen ein Klima psychologischer Sicherheit herrscht, lernen schneller, treffen bessere Entscheidungen und erzielen bessere Ergebnisse. Das Google-Aristotle-Projekt bestätigte: Von allen untersuchten Faktoren ist psychologische Sicherheit der stärkste Einzelprädikator für erfolgreiche Teamarbeit. Wo sie fehlt, bleiben Zweifel, Beobachtungen und gute Ideen unausgesprochen.
Warum psychologische Sicherheit für das Team(-radar) entscheidend ist
Das Teamradar ist ein Instrument, mit dem Teams ihre Zusammenarbeit sichtbar machen und gezielt verbessern können. Es funktioniert wie ein Radarschirm: Jedes Teammitglied bewertet die Situation entlang der drei zentralen Sinndimensionen – Sachdimension, Sozialdimension und Zeitdimension. Aus den Ergebnissen entsteht ein gemeinsames Bild, das sofort zeigt, wo Stärken liegen und wo Entwicklungsbedarf besteht.
Doch dieses Bild ist nur dann klar, wenn sich alle offen äußern können. Fehlt psychologische Sicherheit, fehlen auf dem Radarschirm entscheidende Punkte – das Team sieht nur, was gesagt werden darf, nicht das, was für die Steuerung wichtig wäre.
Psychologische Sicherheit in den drei Sinndimensionen
- Sachdimension – Ziele, Inhalte, Mittel: Kritik an Zielen oder Ressourcen wird geschluckt. Beispiel: Ein Team soll mit kleinem Budget ein neues Produkt entwickeln – niemand wagt zu sagen, dass die Mittel nicht reichen.
- Sozialdimension – Wer mit wem worüber spricht: Kritische Gespräche verlagern sich in die Kaffeeküche, während im Meeting „alles im grünen Bereich“ scheint.
- Zeitdimension – Navigieren durch Veränderung: Risiken werden erst ausgesprochen, wenn es zu spät ist. Beispiel: Der Kunde kündigt, und erst dann heißt es: „Eigentlich war er seit Monaten unzufrieden.
Mini-Check: Sind wir bereit?
Bevor ein Team mit dem Teamradar arbeitet, hilft ein kurzer Selbsttest. Jedes Mitglied bewertet die folgenden Aussagen von 1 (stimme nicht zu) bis 4 (stimme zu):
- Ich kann frei sagen, wenn ich etwas nicht verstehe.
- Ich habe keine Angst, Fehler zuzugeben.
- Meine Ideen werden ernst genommen – auch wenn sie ungewohnt sind.
- Auch unbequeme Wahrheiten finden hier Gehör.
- Wenn ich etwas beitragen möchte, komme ich zu Wort.
- Heikle Spannungen kann ich offen ansprechen, ohne Angst vor Nachteilen.
Liegt die Mehrzahl der Antworten im Bereich 1 oder 2, sollte das Team zunächst gezielt an psychologischer Sicherheit arbeiten – z. B. durch feste Feedbackrunden, vereinbarte Gesprächsregeln oder Formate, in denen ausdrücklich auch Zweifel willkommen sind.
Handlungsimpuls
Falls der Mini-Check rote Lichter zeigt: Wählen Sie für das nächste Teamtreffen eine einfache Maßnahme und setzen Sie sie konsequent um. Starten Sie beispielsweise jede Sitzung mit einer kurzen offenen Runde oder geben Sie jeder Person explizit das Wort in einem Meeting, bevor Sie den nächsten Punkt angehen.
Klein anfangen, Wirkung beobachten, weitermachen. Psychologische Sicherheit wächst Schritt für Schritt – und mit ihr die Klarheit, mit der Teams das Teamradar nutzen können.
Fazit: Das Teamradar als Kompass
Das Teamradar bietet einen strukturierten, praxisnahen Weg, Konflikte sichtbar zu machen, Stärken zu erkennen und die Zusammenarbeit nachhaltig zu verbessern. Es verbindet systemische Tiefe mit klaren Impulsen für den Alltag – vorausgesetzt, die Grundlage stimmt: psychologische Sicherheit.
➡️ Mehr erfahren? Den Leitfaden „Das Teamradar – Survival-Guide für smarte Teamarbeit und clevere Konfliktlösungen“ gibt es hier zum Download.
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