Auch Sozialunternehmen sind Unternehmen, sofern sie in einer unternehmerischen Gesellschaftsform tätig sind. Unternehmen sind aus betriebswirtschaftlicher Perspektive dann erfolgreich, wenn das Betriebsergebnis des Jahresabschlusses zumindest mittelfristig einen Überschuss ergibt und das bilanzielle Ergebnis keine gegenteiligen Wirkungen entfaltet. Unternehmenserfolg ist damit auch für Social Entrepreneurs eine wichtige Kennzahl.

Preisgestaltung ermöglicht gesellschaftliche Teilhabe

Eine wichtige Besonderheit in den Geschäftsmodellen von Social Entrepreneurs im Vergleich zu anderen Unter­nehmen ist jedoch die Herkunft ihrer Einnahmen. Diese generieren sich nämlich häufig nicht direkt aus dem Verkauf von Leistungen an die Kunden. Vielmehr sind die Empfängerinnen und Empfänger von Leistungen und die Personen, die diese Leistungen bezahlen, häufig nicht identisch oder es wird ein Kompensationsmodell zwischen beiden Gruppen aufgesetzt, damit ein gesellschaftlicher Nutzen entsteht. So erhalten beispielsweise benachteiligte Menschen Zugang zu einer Leistung kostenlos oder sie bezahlen selbst einen geringeren Preis, weil andere Personen bereit sind, einen höheren Preis zur Kompensation aufzubringen.

Bei letztgenanntem Beispiel basiert das Geschäftsmodell des Sozialunternehmens auf einer von der Kundschaft akzeptierten ungleichen Preisgestaltung. Die Einnahmen des Sozialunternehmens werden jedoch genauso wie bei anderen Unternehmen am Markt generiert und unterscheiden sich in dieser Hinsicht von sonstigen möglichen Geschäftsmodellen im Bereich von Social Entrepreneurship, die auch Einnahmen aus staatlichen Transferleistungen oder aus Spenden oder Sponsoring generieren. Auch genossenschaftlich organisierte Unternehmen, zum Beispiel im Einzelhandel oder Handwerk, sowie Leistungsanbietende im Bildungsbereich bis hin zu privaten Schulen haben das Ziel, einen gesellschaftlichen Ausgleich für sozial benachteiligte Menschen zu schaffen.

Bewusstsein und Handeln verbessern die Lebenslage Benachteiligter

Wie aber lässt sich die beschriebene gesellschaftliche Wirkung durch die Geschäftstätigkeit der Social Entrepreneurs messen und bewerten? Das ist zugegebenermaßen schwierig, aber eine positive Wirkung wird dadurch ableitbar, dass Kundinnen und Kunden im Bewusstsein, dass andere Menschen profitieren, bereit sind, höhere Preise zu bezahlen. Je höher die Mehreinnahmen des Social Entrepreneurs sind, desto breiter werden die Mehreinnahmen an benachteiligte Gruppen weitergegeben. Mit der Kaufentscheidung ist also eine Bewusstseinsveränderung eingetreten und mit der Zahlung eines höheren Preises hat die Kundschaft ihr Handeln verändert. Derartige Veränderungen von Bewusstsein und Handeln sind jedoch bei den Kundinnen und Kunden nicht immer von Dauer, sondern möglicherweise einmalig oder sporadisch wiederkehrend, sodass der einzelne Social Entrepreneur punktuell die Lebenslage benachteiligter Zielgruppen verbessert. Eine positive gesamtgesellschaftliche Veränderung, der sich die Unternehmen im Bereich von Social Entrepreneurship verbunden fühlen, ist jedoch noch nicht messbar.

Kooperationen erzielen Nachhaltigkeitseffekte und mindern soziale Benachteiligung

Ein weiteres Beispiel mit viel Potenzial ist die Kooperation zwischen Social Entrepreneurs und Unternehmen im Lebensmitteleinzelhandel. Dabei geht es um die Weiterverwertung von Lebensmitteln kurz vor Ablauf des Halt­barkeitsdatums. Der Social Impact der Kooperation besteht hier zum einen in der durch den Social Entrepreneur organisierten kostengünstigen Abgabe an benachteiligte Zielgruppen und zum anderen in der Verringerung von Lebensmittelverschwendung. Im Unterschied zu einem auf ungleicher Preisgestaltung aufbauenden Geschäftsmodell hat ein Kooperationsansatz das Potenzial, durch Vereinbarung zwischen den Partnern längerfristig angelegt zu werden. Zudem ist ein solches Geschäftsmodell besser skalierbar und die gesellschaftliche Wirkung lässt sich entsprechend erhöhen. Der Social Entrepreneur kann entweder in seiner Region weitere gleichartige Kooperationen mit anderen Lebensmittelgeschäften (zum Beispiel mit allen Bio-Geschäften in einer bestimmten Stadt) aufbauen oder er erweitert sein Geschäftsmodell in Kooperation mit mehreren Supermärkten der einschlägigen Lebensmittelketten (zum Beispiel mit allen von demselben Betreiber geführten Filialen im Franchise-Lebensmitteleinzelhandel in einer Region).

Gesellschaft positiv verändern

Die gesellschaftliche Wirkung lässt sich auch bei diesem Beispiel nur bedingt messen. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich möglichst viele gesellschaftliche Gruppen in einer Region, in der längerfristig die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung und die Abgabe der Lebensmittel an bedürftige Zielgruppen erfolgen, mit diesen gesellschaftlich relevanten Themen auseinandersetzen, die entsprechenden unternehmerischen Handlungen positiv bewerten und möglichst aktiv unterstützen, ist sicherlich signifikant erhöht. Höher zumindest, als wenn man nur auf einzelne Kaufentscheidungen einzelner Kunden setzt.

Um eine positive gesamtgesellschaftliche Wirkung zu fördern, ist bei sehr vielen Social Entrepreneurs zu beo­bachten, dass sie ihre Geschäftsmodelle in Verbindung mit dem entsprechenden Wirkungsmodell sehr gut kom­munizieren. Sie beschreiben deshalb möglichst genau, welche Ziele sie mit welchen Mitteln erreichen wollen, beispielsweise in umfangreichen Blogs, auf den Webseiten des Unternehmens oder in Newslettern für Kunden, Zielgruppen und die allgemeine Öffentlichkeit. Dabei wird im Idealfall deutlich, welche direkte Wirkung mit der Unterstützung des Vorhabens (= Kauf des Produkts oder der Leistung) erzielt wird, welche übergeordneten Verän­derungen damit verbunden sind und welches Umdenken in der Gesellschaft angestrebt wird. So betrachtet setzen Social Entrepreneurs wichtige Impulse für gesellschaftliche Innovationen. Social Entrepreneurs machen klar: Erfolg ist Wirkung. Und sie machen ihren Erfolg davon abhängig, dass die Welt durch ihr unternehmerisches Tun besser wird.

Das RKW Magazin

Dieser Beitrag ist dem RKW Magazin 1/2022 entnommen. Gern können Sie weitere Beiträge per Online-PDF lesen oder gleich eine Printausgabe bestellen:

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