Flexible Steuerung stark wechselnden Personalbedarfs

Flexible Steuerung stark wechselnden Personalbedarfs

Beispiel: Dienstleister für internationale Zusammenarbeit: Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, Eschborn

Die Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH, ist ein Bundesunternehmen und unterstützt die Bundesregierung dabei, ihre Ziele in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung zu erreichen. Sie ist weltweit aktiv mit nachfrageorientierten, maßgeschneiderten Dienstleistungen sowie in der internationalen Bildungsarbeit. Eine ausgewiesene Regionalexpertise, hohe Fachkompetenz und praxiserprobtes Managementwissen bilden das Rückgrat der Leistungen der GIZ GmbH.

Herr Soemer, was ist das Geschäft der GIZ?

Die GIZ bietet Know-how zum Thema nachhaltige Entwicklung an und sucht sich dafür Auftraggeber – das sind vor allem Staatsregierungen und internationale Organisationen. Hauptauftraggeber ist die Deutsche Bundesregierung. In deren Auftrag begleitet die GIZ Länder bei Veränderungsprozessen in ganz verschiedenen Sektoren, zum Beispiel Energieversorgung, Klimaschutz, gute Regierungsführung, Bildung, Gesundheit.

Welche Anforderungen stellt ein solches auftragsbezogenes Geschäft an das Personalmanagement?

Bei der Vielzahl von Aufträgen in über 100 Ländern und mehr als 20 Sektoren ist die Herausforderung, die passende Fachkraft mit dem richtigen Know-how zum richtigen Zeitpunkt zur stelle zu haben. Und das "richtige Know-how" meint hier nicht nur eine exzellente Fachlichkeit, die die üblichen Lösungsmöglichkeiten im internationalen Vergleich darstellen kann, sondern die Fähigkeit, gemeinsam mit den lokalen Akteuren einen kulturell angepassten, nachhaltigen Weg zu entwickeln. Dazu braucht der Experte zum Beispiel auch Regionalrespektive Landeskenntnisse des Einsatzlandes, eine hohe interkulturelle Kompetenz und Vermittlungsfähigkeit sowie die Erfahrung, wie er die nationalen Akteure auf verschiedenen Ebenen einbinden und auf dem Lösungsweg mitnehmen kann.

Wie lösen Sie diese Herausforderung operativ?

Wir suchen fast immer Unikate, also Fachleute mit optimaler Passung zur Aufgabe. Diese können wir meist nicht im Unternehmen "vorhalten". Wir suchen auf dem deutschen wie auf dem internationalen Markt und qualifizieren die Experten dann so weit, dass sie in unserem Unternehmenskontext arbeitsfähig sind. Natürlich müssen wir diesen Experten auch etwas anbieten, wenn sie eine solch herausfordernde Aufgabe für zwei bis drei oder auch für fünf bis sechs Jahre übernehmen sollen: Sie steigen dafür ja aus ihrer bisherigen Karriere aus und gehen meistens danach wieder dorthin zurück.

Was bieten Sie den Experten, damit diese für einige Jahre zu Ihnen kommen?

Natürlich muss die Vergütung stimmen – aber vor allem muss die Aufgabenstellung interessant sein und von der Fachkraft auch als bereichernd im Blick auf die eigene berufliche Zukunft erlebt werden. Dies bieten unsere Einsätze, nämlich Internationalität, die Zusammenarbeit vor Ort mit nationalen Entscheidungsträgern, Einblick in politische Prozesse, ein interdisziplinäres Zusammenwirken über Fachgrenzen hinweg und natürlich einen attraktiven Wertehintergrund. Wir laden diese Experten zur Identifikation mit der Unternehmensaufgabe ein über eine gelebte Beteiligungs- und Austauschkultur.

Mit welchen Vertragsformen steuern Sie diese wechselnden Personalbedarfe?

Wir halten für Basiskompetenzen in allen Sektoren sowie für die Steuerung der Aufträge circa 30 Prozent fachliches und Managementkernpersonal vor, dazu kommen nochmal 20 Prozent Personal für die Unterstützungsprozesse (IT, Personal, Kaufmännisches). Das heißt auch: 50 Prozent unseres Personals arbeitet innerhalb von Aufträgen und mit befristeten Verträgen. Einige dieser operativ tätigen können nach zwei Einsätzen oder fünf Jahren in die dauerhafte Zusammenarbeit mit uns wechseln, wenn sie es wünschen und es für unsere Bedarfe passt. Die meisten gehen zurück in den Arbeitsmarkt – doch nicht selten kommt einer im späteren Verlauf seines Berufslebens nochmal zu uns. In den Vorhaben wirken noch eine Reihe anderer Beschäftigtengruppen mit, die vom Projektverantwortlichen eingesetzt und gesteuert werden: zum Beispiel nationales Personal (von Support-Funktionen bis zur Fachkraft); deutsche oder internationale Consultants (die für Kurzzeitexpertisen hinzugezogen werden oder Teilaufträge durchführen); Entwicklungshelfer, Integrierte oder rückkehrende Fachkräfte (nach Ausbildung in Deutschland) etc. Für die letztgenannten Personengruppen sind die Anstellungsbedingungen andere, aber sie werden integriert gesteuert.

Weil es ein Risiko wäre, in diesem Geschäft mit immer neuen Konjunkturen und Auftragstypen dauerhafte Arbeitsverhältnisse einzugehen, arbeiten wir mit folgenden Unterscheidungen bei der Vertragsgestaltung: befristete und unbefristete Verträge, Verträge mit Consultants, Verträge mit nationalen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen nach lokalem Recht und Vergabe von Unteraufträgen an spezialisierte Fachorganisationen.

Wie finden Sie die passenden Fachkräfte für zeitlich befristete Einsätze im Ausland?

Nun, dazu bedarf es längerfristiger Konstruktionen – nämlich des Aufbaus und der Pflege von Kooperationen in Netzwerken. Denn für die beteiligten Personen oder Institutionen muss die Vorteilhaftigkeit der Zusammenarbeit mit uns sichtbar sein. Deshalb organisieren wir mit unseren Netzwerkpartnern einen dauerhaften Informationsfluss und regelmäßigen fachlichen Austausch: Unsere Partner kennen unsere Perspektiven, wissen, wo die Reise hingeht, und sehen oft selbst, wo sie sich einklinken und profitieren können.

Das klingt nach enorm viel Zusatzarbeit!

Es ist ein Aufwand, der sich lohnt! Diese Investition in unsere Netzwerke müssen wir tätigen, weil unsere Auftragsvolumina einfach zu groß sind, um sie allein bewältigen zu können. Entsprechend brauchen wir immer andere, die teile des Auftrags übernehmen und/oder spezialwissen einbringen. Was im Kern bei uns bleibt, ist die Markterschließung und die Steuerung der Auftragsabwicklung.

Herr Soemer, Sie sind schon lange in diesem Geschäft – was motiviert Sie, dabeizubleiben?

Die GIZ ist ein besonders spannendes Unternehmen, weil die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der gesamten Welt hier Thema sind und man diese automatisch mitverfolgt. Als Personaler ist man unmittelbar mit den Unternehmensprozessen befasst, weil das Produkt der GIZ die Dienstleistung durch die jeweiligen Experten ist. Man wirkt also unmittelbar am Produkt mit – durch Personalsuche, Vertragsgestaltungen oder eben die Umsetzung der Unternehmensstrategie in eine Personalstrategie.

Botschaft

Für viele Unternehmen und deren Personalmanagement ist es noch neu ihre ‚Versorgung’ mit Personal durch externe (und extern bleibende) Mitarbeiter sicherstellen zu müssen, auf die die "klassischen" Zugriffsmöglichkeiten wie arbeitsvertragliche Bindung und Führung nicht bestehen. Es kommt dann zur Bildung unterschiedlicher schichten von "Mitarbeitern" im Unternehmensumfeld, die sich durch Intensität und Formen ihrer Bindung an das Unternehmen voneinander unterscheiden. Unter solchen Bedingungen verändern und erweitern sich die personalwirtschaftlichen Handlungsfelder eines Unternehmens erheblich und eine kontinuierliche und systematische Einbindung des Personalmanagements in die Strategieprozesse des Unternehmens wird unvermeidlich. Insbesondere die Bindungsfaktoren von der Vertragsgestaltung bis hin zur Unternehmens- und Netzwerkkultur bekommen eine besondere – unmittelbar ökonomische – Bedeutung. Es ist absehbar, dass immer mehr Unternehmen werden lernen müssen, die Einbindung externer Mitarbeiter strategieumsetzend zu managen.