Leistungsgewandelte und ältere Beschäftigte einbinden: Stärken nutzen, Schwächen kompensieren

Leistungsgewandelte und ältere Beschäftigte einbinden: Stärken nutzen, Schwächen kompensieren

Bei älter werdenden Belegschaften werden die Unterschiede zwischen den Beschäftigten in Bezug auf ihr Leistungsvermögen zunehmen. Die Vorgesetzten sind daher gefordert, Arbeitsplätze, Aufgaben und ihr Kommunikationsverhalten an die jeweiligen Leistungsvoraussetzungen und Bedürfnisse der Mitarbeitenden anzupassen. Eine große Herausforderung stellt die Einbindung leistungsgewandelter Mitarbeiter in zeitlich straff durchstrukturierte Organisationsabläufe dar. Dies wird umso schwieriger, je mehr Leistungsgewandelte bei zugleich hohen Leistungsanforderungen in Teams zu integrieren sind.

  • Leistungsgewandelte unterstützen: Vorgesetzte können eine initiierende Rolle spielen, um Arbeitsplätze an die Bedürfnisse der Mitarbeiter anzupassen. Im engen Kontakt mit den Beschäftigten sowie betrieblichen Fachexperten können sie Probleme ermitteln, externen Sachverstand hinzuziehen und Unterstützung in Form von Hilfsmitteln für die Betroffenen organisieren.
  • Eine gezielte Nutzung von Stärken und die Kompensation von Schwächen der Mitarbeiter sind erforderlich, um deren Leistungspotenziale auszuschöpfen. Vorgesetzte können in diesem Zusammenhang ihre Kenntnisse über die Leistungsvoraussetzungen der Mitarbeitenden und der Gruppen einbringen, um individuell passende Einsatzmöglichkeiten zu finden. Voraussetzungen dafür sind Vor-Ort-Präsenz und enge Betreuung der Beschäftigten.

Es gibt keine Pauschallösungen für die Einbindung von leistungsgewandelten Beschäftigten. Einerseits unterscheiden sich die technisch-organisatorischen Bedingungen in den betrieblichen Arbeitsbereichen. Andererseits weisen Leistungseinschränkungen je nach Mitarbeiter individuelle Komponenten auf. Es lassen sich aber Lösungsansätze für die Gestaltung der Arbeit, die Arbeitsorganisation und des Arbeitsklimas formulieren, die bedarfsgerecht anzuwenden und anzupassen sind.

Empfehlung: Einsatzmöglichkeiten leistungsgewandelter und älterer Mitarbeiter verbessern

Technische und organisatorische Lösungen

  • Technische Hilfsvorrichtungen einsetzen. Dies ist teilweise mit recht einfachen und wenig kostenintensiven Maßnahmen zu erreichen. Beispielhaft zu nennen sind: klare Kennzeichnung von Wegen, Wegräumen von Hindernissen zur Vermeidung von Stürzen, große Schrift mit gutem Kontrast zum Hintergrund, Reduktion von akustischen Störungen.
  • Arbeitsplatzrotation schafft Spielräume für eine Arbeitsverteilung, die auf individuelle Stärken und Schwächen leistungsgewandelter und älterer Mitarbeiter Rücksicht nimmt. Sie fördert überdies die "geistige Beweglichkeit" (Informationsverarbeitung) und verhindert "Lernentwöhnung".
  • Die Herausnahme von leistungsgewandelten und älteren Beschäftigten aus der Taktbindung mindert Zeitdruck und hilft damit, Fehler zu vermeiden.
  • Eine ausreichende Berücksichtigung Leistungsgewandelter bei Leistungsvorgaben an Gruppen bildet eine Vorkehrung dagegen, dass jüngere Mitarbeitende Druck auf ihre älteren und leistungsgewandelten Kollegen ausüben, um die Vorgaben zu schaffen.

Arbeitsklima und Wertorientierungen (siehe auch unten: Mitarbeiterorientierung)

  • Vor-Ort-Präsenz von Vorgesetzten: Vorgesetzte müssen ein hohes Maß an Achtsamkeit gegenüber den Belangen und Bedürfnissen älterer und leistungsgewandelter Beschäftigter an den Tag legen, ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und Feedback geben. Dafür benötigen die Vorgesetzten ausreichende zeitliche Spielräume zur Betreuung der Mitarbeitenden vor Ort.
  • Arbeitsformen, die kollegiale Unterstützung fördern: Hier ist Teamarbeit zu nennen, wobei allerdings sichergestellt werden muss, dass kein hoher und andauernder Arbeitsdruck das kollegiale Miteinander untergräbt.
  • Entwicklung und Umsetzung eines Unternehmensleitbilds, das auf die Integration älterer und leistungsgewandelter Beschäftigter abzielt.

Wichtig ist es vor diesem Hintergrund festzuhalten, dass eine für Ältere und Leistungsgewandelte geeignete Arbeitsgestaltung auch den jüngeren Mitarbeitenden hilft. Die genannten Ansätze zur Gestaltung der Arbeit, der Organisation und des Arbeitsklimas haben für die Jüngeren eine präventive Funktion und verhindern frühzeitigen gesundheitlichen Verschleiß. In diesem Sinne geht es bei den Maßnahmen für Ältere und Leistungsgewandelte zugleich um Gestaltungsmaßnahmen für alle Beschäftigtengruppen (vgl. Falkenstein 2013: 211).

Beispiel: Deutsche Gasrußwerke

Die Deutschen Gasrußwerke (DGW) sind ein Unternehmen der Grundstoffchemie mit 190 Beschäftigten. Hergestellt wird Gasruß, der in Automobilreifen zur Vermeidung von Abrieb und in vielen Produkten als Farbstoff verwendet wird. Das Unternehmen steht beispielhaft für KMU, die das Thema Integration leistungsgewandelter Beschäftigter auf "breiter Front" angehen. Das heißt Werteorientierung, Instrumente des Arbeitsschutzes und organisatorische Maßnahmen greifen ineinander, um Lösungen im Umgang mit Leistungseinschränkungen bei Mitarbeitenden zu finden.

  • Das von allen Unternehmensangehörigen gemeinsam entwickelte Leitbild setzt auf die vollwertige Integration leistungsgewandelter Beschäftigter. Hieraus leitet sich die Frage ab: Wie muss eine Organisation gestaltet sein, damit leistungsgewandelte Mitarbeiter aktiv in den Prozessen mitarbeiten können?
  • Das Unternehmen nutzte die von einem externen Dienstleister erbrachte Gefährdungsbeurteilung dazu, die Informationsbasis über Belastungen und über Gestaltungsmöglichkeiten in den untersuchten Fertigungsbereichen zu verbessern. Das Ergebnis der Untersuchungen waren differenzierte Analysen und Rückmeldungen zur Arbeitssituation, die eine ganze Reihe von Ansatzpunkten zum besseren Einsatz von leistungsgewandelten Mitarbeitenden ergaben.
  • Neustrukturierung von Arbeitsplätzen im Sinne von "horizontaler Personalentwicklung", um leistungsgewandelte Mitarbeiter nachhaltig in den Prozessen zu halten.
  • Praktiken der Arbeitsplatzrotation geben Spielräume zum passgenauen Einsatz leistungsgewandelter Beschäftigter. Dies beinhaltet Tätigkeiten, bei denen Leistungsgewandelte Stärken wie Erfahrungsreichtum einbringen können und z. B. körperlich anstrengende Tätigkeiten (weitgehend) vermeiden können.
  • Ausbau von Tätigkeitsbereichen, bei denen Leistungsgewandelte vollwertig eingesetzt werden. Hier sind Prozessteams zu nennen, die bei den DGW weitreichende Planungsbefugnisse haben. Ältere Mitarbeitende können in diesen Teams ihre Erfahrungen einbringen.