Nachhaltigkeit – was ist das?

Das Thema Nachhaltigkeit verfängt – es involviert leicht und lädt zu Diskussionen über die unterschiedlichsten Facetten ein. Für manche ist es eine Herzensangelegenheit, andere betrachten die markt- oder rechtsbezogenen pragmatischen Erfordernisse. Wieder andere verweisen auf die Begrenztheit irdischer Ressourcen und sehen in diesem Thema schlicht eine Notwendigkeit, um das Leben dieser und folgender Generationen zu sichern.

Nachhaltigkeit – Ein Begriff mit vielen Lesarten

Nach einem verhaltenen Start im Jahr 1713 erfährt Nachhaltigkeit seit einigen Jahrzehnten erheblichen Zuspruch und zunehmendes Interesse. Der Begriff turnt durch alle Funktionsbereiche menschlichen Zusammenlebens und prägt wissenschaftliche, politische sowie wirtschaftliche Debatten. Dabei ist bei allen Diskussionen Nachhaltigkeit – im Sinne des kleinsten gemeinsamen Nenners – einfach die Idee davon, die Bedürfnisse der Gegenwart so zu befriedigen, dass die Möglichkeiten zukünftiger Generationen nicht [unangemessen, Anm.] eingeschränkt werden.1 Seit 1992 gilt Nachhaltigkeit als globales Leitprinzip, das ökologische, soziale und ökonomische Ziele miteinander verbindet.2

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1
Brundtland-Bericht (1989)
2 Rio-Deklaration (1992)

„In der lebendigen Natur
geschieht nichts, was nicht in
einer Verbindung mit dem
Ganzen stehe.“

– Johann Wolfgang von Goethe

Was es bedeutet, nachhaltig zu wirtschaften

Dafür muss ein Unternehmen aber erst einmal alle Rechnungen bezahlen und Erfolgspotenziale mindestens so weit pflegen können, dass dies auch in Zukunft so sein wird. In diesem Sinne sind nachhaltig wirtschaftende Unternehmen zunächst einmal solche, die in der Lage sind, (auch) nach Krisen wieder zu einer tragfähigen Struktur zu gelangen. Nachhaltig bedeutet also in diesem Sinne wettbewerbsfähig und resilient. Erst auf dieser ökonomischen Grundlage sind sinnvolle Diskussionen über weiterreichende soziale wie ökologische Konsequenzen des Wirtschaftens sinnvoll.

Ein scheinbar einfaches, aber doch anspruchsvolles Unterfangen, das auf die Übernahme von Verantwortung abzielt: Übernimm Verantwortung für Dich selbst und andere – heute und für zukünftige Generationen. Übersieh dabei nicht die Vernetztheit unserer Welt und dass Du mögliche Zusammenhänge möglicherweise (noch) nicht verstehst.

Wie kann es gelingen, eine effiziente, ressourcenschonende und inklusive Wirtschaftspraxis zu etablieren, die kommenden Generationen nicht schadet?

Eine nachhaltig wirtschaftende Organisation, die in ihrer Entwicklung auch soziale und ökologische Fragestellungen in den Blick nimmt, lässt sich nur individuell, das heißt in einer ganzheitlichen Betrachtung des Geschäftsmodells und eingebettet ins jeweilige Business-Ökosystem verstehen und gestalten:

So ist ein nachhaltiges Abfallund Recyclingmanagement nur als Gemeinschaftsprojekt der Branche und damit in Verknüpfung vielfältiger Geschäftsmodelle denkbar.

Eine erfolgreiche Vermarktung eines grünen Produkts ist nicht ohne kritischen Blick auf die Zulieferketten zukunftsfähig.

Sharing-Geschäftsmodelle sind wiederum meist auf innovative Ertragsmodelle, wie Abos, Pay-per-Use-Ansätze und Ähnliches angewiesen.

Und selbst der corona-bedingte Vorschub von Außer-Haus-Geschäften blieb nicht ohne Auswirkung auf Prozessabläufe, Marketing und Preisgestaltung.

Damit ist Nachhaltigkeit aus einzelbetrieblicher Perspektive immer (auch) eine individuelle Erfindung – und zwar eine, die notwendigerweise viele Gestaltungsmöglichkeiten in den Blick nimmt und schon deshalb komplex und kontrovers ist.

Nachhaltigkeit und Digitalisierung

Der Mensch wird mitsamt seiner Wirtschaftsweise und seinen technologischen Möglichkeiten zum Risiko für seine eigene Lebensgrundlage. Darauf antwortet Nachhaltigkeit mit der Forderung nach einem achtsameren Umgang gegenüber seiner eigenen Art, vor allem aber dem Ökosystem mitsamt seinen dynamischen Verflechtungen. Die Digitalisierung ist aus der Perspektive der Nachhaltigkeit also immer beides: ein zu gestaltendes Risiko und Chance für Effizienzsteigerungen sowie verantwortungsvolles Innovationsgeschehen zugleich.

Nachhaltgkeit als Gemeinschaftsprojekt in mittelständischen Unternehmen

Woher kommt die Motivation für das Thema? Welche Berührungs- und Anknüpfungspunkte gibt es bereits?

Wo finden sich die größten Verschwendungen und Ungerechtigkeiten im Unternehmen und in seinem Umfeld? Wo gibt es ungenutzte Ressourcen? Aus den Antworten der Mitarbeitenden auf diese und ähnliche Fragen lässt sich einerseits ein gemeinsames, betrieblich geteiltes Verständnis erarbeiten. Andererseits erkennt man Brüche und Konflikte, die – im Sinne der Innovation – eskalieren oder – im Sinne der Effizienz – bewusst beruhigt werden können. Kurzum: Man weiß, wo man miteinander steht, wer man in Bezug auf Nachhaltigkeit ist und wohin man strebt. Auf dieser Grundlage lässt sich dann besser einordnen, welche Nachhaltigkeitsthemen in einer Organisation von draußen „anklopfen“.

Nachhaltigkeit – eine erweiterte Perspektive und ein verändertes Selbstverständnis

In diesem Sinne bedeutet betriebswirtschaftliche Nachhaltigkeit neben Liquiditätssicherung auch, die Auswirkungen der Geschäfte auf Umwelt und Gesellschaft in den Blick zu nehmen. Für kleine und mittlere Unternehmen bedeutet dies vor allem ein Gespräch darüber, wer man hinsichtlich einer mehr oder weniger stark empfundenen Verantwortung für heutige und kommende Generationen als Organisation ist und sein möchte. Nachhaltigkeitsmaßnahmen erfordern dann möglicherweise einen Aufbau von Kompetenz oder eine veränderte Investitionspraxis. Darüber hinaus umfasst praktische Nachhaltigkeit im Mittelstand vor allem eine erweiterte Perspektive, ein gesteigertes Maß an Eigenverantwortung und ein verändertes Selbstverständnis.

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  • © Cathie Range / Getty Images – Baumkrone (3368_baumkrone.jpg)