Schritt für Schritt zur Nachhaltigkeitsstrategie
Schritt für Schritt zur Nachhaltigkeitsstrategie
Die Beschäftigung mit Nachhaltigkeit ist für kleine Unternehmen sinnvoll, um Wettbewerbsvorteile zu erlangen, Kosten zu senken, Risiken zu managen, Mitarbeitende zu motivieren und ihre langfristige Existenzsicherung zu gewährleisten. Indem sie nachhaltige Praktiken implementieren und ihre Bemühungen transparent kommunizieren, können kleine Unternehmen ihre Position stärken und ihr Geschäft zukunftsfähig ausrichten.
Hier sind einige wichtige Vorteile einer Nachhaltigkeitsstrategie im Überblick:
- Das Unternehmen wird als Arbeitgeber attraktiver.
- Die Motivation der Mitarbeitenden steigt.
- Einsparpotenziale bei Kosten und Emissionen werden gehoben.
- Risiken werden analysiert.
- Es bieten sich Chancen für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.
- Innovationen werden stärker vorangetrieben.
- Die Reputation des Unternehmens steigt.
- Sie ist Voraussetzung für den Zugang zum Kapitalmarkt.
- Die Attraktivität für Investoren steigt.
- Das Unternehmen leistet einen Beitrag zum Gemeinwohl.
Die sieben Schritte dieses Ansatzes sind: Schritt
Schritt 1:
Umfeldanalyse und Ist-Aufnahme
Schritt 2:
Systemanalyse
Schritt 3:
Gegenprüfung der Auswirkungen mit den Anspruchsgruppen
Schritt 4:
Bewertung der Auswirkungen
Schritt 5:
Festlegung von Handlungsfeldern
Schritt 6:
Berichterstattung
Schritt 7:
Integration in den betrieblichen Alltag
Vorgehen bei der Einführung eines betrieblichen Nachhaltigkeitssystems für KMU
Vor dem Start in ein Nachhaltigkeitsprojekt steht die Frage nach dem eigenen Ambitionsniveau. Das Unternehmen sollte für sich klären, welche Ziele hinter der Nachhaltigkeitsstrategie stehen:
- Möchte das Unternehmen nur die Mindestanforderungen des Gesetzgebers oder der Kundschaft erfüllen,
- möchte das Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht für die Öffentlichkeit publizieren oder
- möchte das Unternehmen am eigenen Geschäftsmodell arbeiten und dieses zukunftsgerichtet weiterentwickeln?
Die reine Erfüllung von Gesetzesvorgaben oder Kundenwünschen birgt die Gefahr, dass man zum Getriebenen wird. Man entwickelt ein Stückwerk ohne wirklichen strategischen Ansatz und kann so die Chancen der Transformation nicht nutzen und Risiken nicht erkennen. Daher zeigen wir im Folgenden einen strukturierten Ansatz, wie eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln ist, der auf Unternehmen aller Branchen und Größenordnungen anwendbar ist.
SWOT-Analyse
| Intern | S – Strength ( = Stärken) | W – Weakness ( = Schwächen) Wo sind Schwächen und Defizite? |
| Extern | O – Opportunities ( = Möglichkeiten) Wo ergeben sich neue Chancen? | T – Threads ( = Bedrohungen) Wo gibt es potenzielle Stolpersteine? |
Schritt 1:
Umfeldanalyse und Ist-Aufnahme
Erster Schritt für eine erfolgreiche Nachhaltigkeitsstrategie ist die Analyse des Ist-Zustands. Diese gibt Antwort auf die Frage, wo noch Lücken bestehen. Das RKW Kompetenzzentrum bietet mit seinem Workshop-Set „Nachhaltigkeit unternehmen“, eine kostenfreie Unterstützung für die ersten Schritte in Richtung Nachhaltigkeitsstrategie. Eine weitere gute Möglichkeit, den Status quo zu ermitteln, ist die „Checkliste Nachhaltigkeitsmanagement für KMU“ des Infozentrums UmweltWirtschaft (IZU) am Bayerischen Landesamt für Umwelt, die kostenlos im Internet zu finden ist.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Analyse der Mitbewerbenden und der Branche. Welche Standards und welche Kernthemen haben sich dort schon etabliert? Es bietet sich an, das Ergebnis in einer sogenannten SWOT-Analyse darzustellen.
Besonderes Augenmerk sollte hierbei auf die Risiko- und Chancen-Analyse gelegt werden – vor allem hinsichtlich potenzieller finanzieller Auswirkungen in der Zukunft. Der fortschreitende Klimawandel, der Mangel an qualifizierten Mitarbeitenden, die Überalterung der Gesellschaft, um nur einige zu nennen, bietet dem Unternehmen neue Möglichkeiten, aber auch Risiken, die sich auf die langfristige finanzielle Stabilität auswirken können. Eine gut strukturierte Risikoanalyse für den Umweltbereich speziell für KMU bietet das „UMWELT.RISIKO.MANAGEMENT FÜR KMU“ des bereits erwähnten IZU.
Schritt 2:
Systemanalyse
Nachhaltigkeit besteht nicht nur aus Umweltthemen, und Nachhaltigkeit hört nicht an der Türe des eigenen Unternehmens auf. Um sich ein umfassendes Bild der eigenen Wertschöpfungskette zu machen, sollte diese einmal aufgezeichnet werden.
Die Systemanalyse sollte Auskunft darüber geben:
- welche Rohstoffe, Dienstleistungen et cetera in das Unternehmen hinein gehen,
- wie der interne Ablauf zur Leistungserstellung ist, und
- wie beispielsweise Produkte zur Kundschaft gelangen, wie sie dort eingesetzt werden und was mit ihnen nach der Nutzung passiert.
Nachdem die Systemanalyse aufgezeichnet ist, bietet es sich an, in einem Workshop, an dem, wenn vorhanden, die verschiedenen Abteilungen des Unternehmens teilnehmen, die Auswirkungen des Unternehmens auf Gesellschaft, Umwelt und Wirtschaft festzustellen. Das bereits erwähnte Workshop-Set des RKW Kompetenzzentrums gibt KMU alles an die Hand, um solch einen Prozess Schritt für Schritt anhand von 36 Kriterien entlang der drei Säulen der Nachhaltigkeit (Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft) durchzuführen. Das Set enthält hierfür eine Anleitung, Moderationsmaterialien und Erläuterungen zu den Kriterien.
Eine andere Möglichkeit besteht darin, mit den 17 Nachhaltigkeitszielen der UN aus dem ersten Kapitel zu arbeiten. Am besten werden die Teilnehmenden in drei Gruppen eingeteilt:
| Umwelt | Gesellschaft | Wirtschaft |
| SDG 6, 12, 13, 14, 15, 17 | SDG 1, 2, 3, 4, 5 | SDG 7, 8, 9, 10, 11, 16 |
Die Fragestellung für die Gruppenarbeit ist:
Welche positiven und negativen Auswirkungen auf Menschen (inklusive Menschenrechte), Umwelt und Wirtschaft erzeugt das Unternehmen entlang seiner gesamten Wertschöpfungskette?
Dabei ist zu beachten, dass die Auswirkungen
- tatsächlich oder potenziell,
- selber oder durch den Geschäftspartner verursacht,
- reversibel oder nicht reversibel,
- beabsichtigt oder unbeabsichtigt und
- kurz- oder langfristig sein können.
Wichtig: Bevor die Gruppenarbeit beginnt, sollte den Teilnehmenden der Inhalt der der 36 Kriterien des Workshop-Sets bzw. der SDGs und die bedeutenden Unterziele für KMU erklärt werden.
Wesentlichkeitsanalyse
Das in diesem Kapitel dargestellte Vorgehen ähnelt der im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung bedeutsamen Wesentlichkeitsanalyse. Sie wird in Standards und regulatorischen Rahmenwerken zur Nachhaltigkeit, wie der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) gefordert.
Mit einer Wesentlichkeitsanalyse reflektiert ein Unternehmen in systematischer Form, welche die wichtigsten Nachhaltigkeitsthemen sind, auf die es sich in ihrem ganz speziellen Fall zu konzentrieren gilt und bestimmt seine Berichtspflichten für die Berichterstattung.
Doppelte Wesentlichkeit
Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung wird bei Wesentlichkeitsanalysen meist eine doppelte Wesentlichkeit eingefordert. Sie ist etwa obligatorischer Bestandteil beim DNK oder dem GRI:
- Bei der Outside-In-Perspektive evaluieren die Unternehmen, welche positiven wie negativen (finanziellen) Konsequenzen bestimmte Nachhaltigkeitsthemen auf das Unternehmen haben.
- Andersherum beschäftigen sie sich bei der Inside-Out-Perspektive damit, wie sich das Unternehmen auf seine Umwelt auswirkt.
Einem Thema wird dann besondere Aufmerksamkeit gewidmet, wenn es aus mindestens einer der Perspektiven wesentlich erscheint.
Ablauf einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse
Inzwischen existieren zahlreiche Anleitungen zur Durchführung von doppelten Wesentlichkeitsanalysen. Im Grundsatz durchlaufen diese folgende Phasen:
1. Rahmenbedingungen und Auftrag
Zunächst ist zu klären, welchen Zweck die Wesentlichkeitsanalyse verfolgen soll und welche (Tochter-)Gesellschaften beispielsweise einbezogen werden sollen. Hierdurch lassen sich auch Anforderungen, Zeitplan, Umfang und Beteiligte genauer ableiten. In welcher Form, mit welcher Methodik und in welcher Genauigkeit eine Wesentlichkeitsanalyse durchgeführt wird, hängt insbesondere davon ab, ob sie den Ansprüchen bestimmter Berichtsstandards oder Verordnungen und Gesetzen genügen soll. Kleinere Unternehmen haben deshalb meist größere Spielräume.
2. Strukturierung der Themen
Um Nachhaltigkeitsthemen systematisch betrachten zu können, bedarf es einer inhaltlichen Strukturierung der Themen und übergeordneter Themenkomplexe. Je nach Zweck und den damit verbundenen Anforderungen kann man sich diese selbst erarbeiten oder sich eher an einer vorgegebenen Themenstruktur orientieren.
3. Bewertung der Themen nach Relevanz
Im nächsten Schritt werden die so ermittelten Nachhaltigkeitsaspekte aus der Inside-Out wie der Outside-In Perspektive analysiert.
- Wie stark beeinflusst ein Thema das Unternehmen? Welche Chancen und Risiken gehen damit einher?
- Welchen Einfluss hat das Unternehmen seinerseits auf ein bestimmtes Thema? Eine systematische Erhebung erfolgt beispielsweise durch standardisierte Befragungen, Interviews oder Workshops. Dabei können Expertinnen und Experten aus dem Unternehmen, aber auch Kundinnen und Kunden und weitere Stakeholder gezielt eingebunden werden.
4. Auswertung der Ergebnisse
Im Anschluss werden die Ergebnisse zusammengeführt und diskutiert. Dies geschieht häufig in der Form einer Wesentlichkeitsmatrix, die sich über die Inside-Out und Outside-In-Perspektive auf der X- und Y-Achse aufspannt. Welcher Bereich innerhalb der Matrix dabei genau als der „wesentliche“ festgelegt wird, ist individuell zu bestimmen.

5. Entscheidung und Verwertung
Das Ergebnis dieser Diskussionen ist zu dokumentieren, einer Entscheidung zuzuführen und in passender Form aufzubereiten.
Schritt 3:
Gegenprüfung der Auswirkungen mit den Anspruchsgruppen
Durch die Ist-, die Umfeld- und die Systemanalyse hat das Unternehmen eine Vielzahl von Auswirkungen ermittelt. Diese Auswirkungen sind aber nur eine Innensicht des Unternehmens. Bevor es in die Bewertung der Auswirkungen geht, sollte der Dialog mit den wichtigsten Stakeholdern (Anspruchsgruppen) gesucht werden. Anspruchsgruppen sind Personen oder Organisationen, die Interesse am Unternehmen haben oder direkt von seinen Auswirkungen betroffen sind.
Um festzustellen, welche Anspruchsgruppen für das Unternehmen besonders wichtig sind, werden diese in die sogenannte Stakeholdermatrix eingruppiert: Mit den Stakeholdern, die oben rechts eingruppiert werden, sollte ein Dialog geführt werden. Diese Stakeholder sind für das Unternehmen besonders wichtig und können wichtige Aspekte für die Nachhaltigkeitsstrategie liefern. Die bisher erarbeiteten Auswirkungen sowie Chancen/Risiken werden den Stakeholdern vorgestellt und um Feedback gebeten. Eventuell wird die Liste der Auswirkungen und Chancen/Risiken in dieser Phase weiter ergänzt.
Mögliche Stakeholder sind:


Schritt 4:
Bewertung der Auswirkungen sowie Chancen und Risiken
Das Unternehmen hat nun eine Vielzahl von Auswirkungen und Chancen/Risiken gesammelt und diese mit den wichtigsten Anspruchsgruppen gegengeprüft. Nicht jede der Auswirkungen ist aber für das Unternehmen gleich wichtig. Um die unternehmerischen Ressourcen sinnvoll einzusetzen, gilt es im nächsten Schritt, Prioritäten zu setzen.
Die negativen Auswirkungen werden bewertet nach:
- der Schwere der Auswirkung (verschlimmert die Auswirkung bestehende Umweltprobleme oder werden bestehende Menschenrechtsstandards verletzt?),
- dem Umfang der Auswirkung (ist die Auswirkungen begrenzt auf eine Stadt, ein Land et cetera),
- den Abhilfemaßnahmen (wie leicht ist es, die Auswirkung zu beheben?) und
- bei potenziellen Auswirkungen: der Wahrscheinlichkeit des Eintritts.
Die positiven Auswirkungen werden bewertet nach:
- dem Vorteil, der aus der Auswirkung entsteht (Verbesserung bestehender Umweltprobleme oder Verbesserung in Bezug auf die Gesellschaft),
- dem Umfang der Auswirkung (ist die Auswirkungen begrenzt auf eine Stadt, ein Land et cetera) und
- bei potenziellen Auswirkungen: der Wahrscheinlichkeit des Eintritts.
In diesem Schritt werden auch die Chancen/Risiken aus Schritt 1 bewertet. Die Fragestellung hierbei ist, ob die Risiken/Chancen die künftigen Cashflows und damit den Unternehmenswert beeinflussen, aber heute nicht durch die Finanzberichterstattung erfasst sind.
Es empfiehlt sich, für die Bewertung von Auswirkungen und Chancen/Risiken ein unternehmensspezifisches Punktesystem zu entwickeln, das immer wieder verwendet werden kann.
Schritt 5:
Festlegung von Handlungsfeldern
Die in Schritt 4 ermittelten maßgeblichen Auswirkungen und Chancen/Risiken werden nun zu Handlungsfeldern zusammengefasst. Beispiele für Handlungsfelder sind:
- Emissionen (Treibhausgase et cetera)
- Wasser und Abwasser
- Biodiversität
- Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz
- Aus- und Weiterbildung
Für jedes Handlungsfeld (das wahrscheinlich mehrere Auswirkungen und Chancen/Risiken beinhaltet) gilt es, nun eine Vision zu entwickeln.
Für die Zielsetzung ist eine Orientierung an den „SMART“-Kriterien empfehlenswert, wonach Ziele spezifisch, messbar, akzeptiert, realistisch und terminiert definiert werden. Zur Erreichung der Ziele werden Maßnahmen abgeleitet und durch Kennzahlen gemessen und gesteuert. Diese Indikatoren ermöglichen es, den Fortschritt in Richtung Vision zu messen. Für die Kennzahlenbildung kann sich das Unternehmen an die Kennzahlen der GRI (Global Reporting Initative) oder an die ESRS (European Sustainability Reporting Standards) anlehnen.
Schritt 6:
Berichterstattung
Wichtig ist es, dass das Unternehmen auch über die Nachhaltigkeitsstrategie berichtet. Dies kann auf der Unternehmenswebsite oder in Form eines separaten Nachhaltigkeitsberichts geschehen. Auf jeden Fall sollten die Ziele und deren Erreichungsgrad für die Stakeholder zugänglich sein. Falls das Unternehmen berichtspflichtig nach der CSRD wird, muss im Jahresabschluss über die Nachhaltigkeitsaktivitäten berichtet werden.
Schritt 7:
Integration in den betrieblichen Alltag
Den Mitarbeitenden und Führungskräften muss die Nachhaltigkeitsstrategie bekannt gemacht werden. Alle Mitarbeitenden können in Ihren Arbeitsbereichen zur Erfüllung der Nachhaltigkeitsstrategie beitragen. Nachhaltigkeit ist ein Marathon und kein Sprint. Nach dem Bericht ist vor dem Bericht. Viele kleine Schritte führen zum Ziel. Ist das Ziel erreicht, gilt es, sich neue Ziele zu setzen. Ganz im Sinne des PDCA-Regelkreislaufs: „Plan – Do – Check – Act“.

Beispiel für das Handlungsfeld Emissionen (Treibhausgase)
Vision:
Strategie: | Ziele nach SMART-Kriterien
Operatives Konzept: |
Um die Mitarbeitenden mitzunehmen, hat es sich bewährt, Nachhaltigkeit in das betriebliche Vorschlagswesen aufzunehmen oder, falls noch keins vorhanden ist, dieses einzuführen. Bei Führungskräften sollten Nachhaltigkeitsziele auch in der Incentivierung (Bonus) berücksichtigt werden, sofern diese vorgesehen sind.
Den strategischen Rahmen für die Entwicklung der Nachhaltigkeitsstrategie bilden das Geschäftsmodell, die Mission und die Werte des Unternehmens. Häufiger wird in letzter Zeit auch über den „Purpose“ des Unternehmens gesprochen. Damit sind der Sinn und Zweck des Unternehmens hinsichtlich Gesellschaft und Umwelt gemeint. Der Purpose gibt Antwort auf die Frage, warum das Unternehmen da ist.
PDCA - Modell

- © Dilok Klaisataporn / Getty Images – Piktogramme Nachhaltigkeit Blätter (3401_piktogramme-nachhaltigkeit-blaetter.jpg)