Hintergrund

Hintergrund

Das RKW Kompetenzzentrum hat im Jahr 2010 im Rahmen der Initiative Wirtschaftsfaktor Alter die Studie "Ältere Gründerinnen und Gründer" erstellt, die bei der Fachöffentlichkeit sowie bei Gründungsinteressierten auch heute noch auf große Nachfrage stößt.

Im Laufe der letzten drei Jahren zeigte sich, dass nicht nur in Deutschland, sondern europaweit großes und weiter wachsendes Interesse an dieser Thematik besteht. Um das Thema mittel- bis langfristig zu etablieren, bedarf es einer breiten Strategie wie von der Europäischen Union (EU) und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem gemeinsamen "Policy Brief für Senior Entrepreneurship" 2013 vorgeschlagen. Diese sollte von der Sensibilisierung und der Verankerung in der Gründungskultur über den Abbau von Hemmnissen in den entsprechenden Sozialversicherungs- systemen bis hin zur Erarbeitung konkreter Maßnahmen zur Förderung der Selbstständigkeit von Menschen in der zweiten Lebenshälfte (Beratung, Finanzierung, Fortbildung) reichen.

Das deutlich formulierte Interesse der Europäischen Union an der Förderung von Senior Entrepreneurship bewegte das RKW, vor dem Hintergrund der zunehmenden gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Relevanz der Altersgruppen ab 45 Jahren, das Thema im Rahmen eines neuen Projekts fortzuführen: "Gründer 45+: Startvorteil Erfahrung"; kurz "Gründen mit Erfahrung". Explizite Ziele sind, auf das große Potenzial von Menschen in der zweiten Lebenshälfte für die Gründung aufmerksam zu machen und die fachliche Diskussion rund um das Gründungsgeschehen in den mittleren bis älteren Altersgruppen zu befördern.

Dabei lautet die erste zentrale Fragestellung: Wie können Potenzial, Fachwissen und Berufserfahrung von Menschen ab dem mittleren Alter für Neugründungen und Übernahmen zur Stärkung des Gründungs- standorts Deutschland genutzt werden?

Merkmale der aktuellen Studie

Erster Schritt bei der Bearbeitung des Themas ist die Aktualisierung der ursprünglichen RKW-Studie aus dem Jahr 2010. Die Neuauflage der Studie unterscheidet sich von der Erstversion im Wesentlichen durch die inzwischen höhere Relevanz des Themas in der politischen Diskussion in Deutschland und in Europa, eine veränderte Zielsetzung, eine erweiterte räumliche Perspektive, und ein neues Verständnis der Zielgruppe, denn der Begriff "ältere" Gründer wird hier durch "Gründer ab dem mittleren Alter" ersetzt. Folgende Gründe sprechen für diese Wortwahl: Einerseits gehören Menschen um die 45 Jahre bei einer durchschnittliche Lebenserwartung von 80 Jahren in Deutschland eher der mittleren Altersgruppe der Bevölkerung an. Andererseits haben sich der Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit von Personen in diesem Alter deutlich verbessert, so dass sie nicht mehr dem immer noch weit verbreiteten defizitären Altersbild entsprechen.

Zielsetzung und Perspektive

Zielsetzung und räumliche Perspektive werden im Folgenden näher ausgeführt. Die RKW-Studie 2010 leistete Pionierarbeit in der Forschung rund um die Gründer ab 45 Jahren. Ziel dieser Studie war es, sich ein erstes Bild von einer noch relativ kleinen Gruppe von Gründern, ihren Bedürfnissen und ihren Wünschen zu verschaffen. Seitdem hat sich die Lage am Gründungsstandort Deutschland in so kurzer Zeit drastisch geändert: Die Gründungszahlen gehen stark zurück, zugleich sind Personen ab 45 Jahren heute stärker an einer unternehmerischen Selbstständigkeit interessiert, ein Trend der auch europaweit erkennbar ist.

In Anbetracht der jüngsten Entwicklungen zielt die vorliegende Studie darauf ab, eine umfassende und realistische Darstellung der wachsenden Gruppe der Gründer 45+ zu bieten, unter Beachtung ihrer großen Heterogenität und vor allem ihres gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Potenzials.

Zudem spricht das gestiegene Interesse der EU für eine Erweiterung des räumlichen Horizonts. Aus diesem Grund ist ein weiteres Ziel dieser Studie – und der größte Unterschied zur ersten Veröffentlichung aus dem Jahr 2010 – das Thema aus der europäischen Perspektive zu beleuchten. Es werden dafür die neuesten Erkenntnisse aus Europa integriert. Dies geschieht nicht nur durch die Analyse der länder- spezifischen Gründungszahlen, sondern darüber hinaus durch das Einbringen von Erkenntnissen und Betrachtungsweisen aus anderen europäischen Kulturen. Darüber hinaus wird die USA als das Gründerland schlechthin untersucht.

Aus der europaweiten Analyse ergibt sich die zweite zentrale Fragestellung dieser Studie: Wo steht Deutschland im EU-Vergleich bei den Gründungszahlen von Menschen in der zweiten Lebenshälfte?

Als drittes Ziel wird angestrebt, durch Sensibilisierung einen Beitrag zur Imagesteigerung einer Altersgruppe mit großem Potenzial für die Gründung zu leisten. Denn Existenzgründungen jenseits der 45 Jahre werden in Deutschland typischerweise mit Gründungen aus der Arbeitslosigkeit assoziiert. Die Kehrseite – erfolgreiche Ausgründungen aus bestehenden Unternehmen oder erfolgreiche Neugründungen zur Umsetzung einer Geschäftsidee – wird meist ausgeblendet. Demgegenüber betonen die neuesten Forschungserkenntnisse vor allem die positive Seite, nämlich: die vielen Vorteile sowohl für die Gründer selbst als auch für die Gesellschaft, die sich aus der Unternehmenstätigkeit von Menschen mittleren und fortgeschrittenen Alters ergeben.