Betriebliches Handlungsrepertoire bei der Arbeitsgestaltung: Arbeitsschutz, Gesundheitsförderung, Betriebskultur

Betriebliches Handlungsrepertoire bei der Arbeitsgestaltung: Arbeitsschutz, Gesundheitsförderung, Betriebskultur

Dieser ausbleibende Zielgruppenbezug auf ältere Beschäftigte bedeutet allerdings nicht, dass die Betriebe über kein Handlungsrepertoire und Instrumentarium zum Umgang mit Anforderungen einer altersgerechten Arbeitsgestaltung verfügen. Sie antworten pragmatisch und konkret bedarfsbezogen auf erkennbare Probleme.

Sie nutzen dabei zum einen die kurzen Wege im Unternehmen und die geringe soziale Distanz zwischen den Akteuren, die Achtsamkeit und flexibles Handeln begünstigen. Und zum anderen greifen sie auf die vorhandene Arbeitsschutzinfrastruktur zurück.

Zum betrieblichen Umgang mit Mitarbeitern mit Leistungseinschränkungen sagt der Manager des Herstellers von Präzisionsoptik, dass die betreffenden Mitarbeiter bestimmte belastende Tätigkeiten dann eben nicht ausführen und andere sie machen müssen. "Ansonsten muss man sehen, wie man das mit Hilfsmitteln machen kann". Auf die Frage, ob dafür der Vorgesetzte oder die Personalabteilung zuständig ist, antwortet der Gesprächspartner, dass die betreffenden Mitarbeiter dies an ihren Vorgesetzten kommunizieren müssen. Im Unternehmen gebe es einen Zuständigen für Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz (F4).

Die Unternehmen, die sich an der Bestandsaufnahme beteiligten, verfügen nicht nur pro Forma über die Institutionen des gesetzlichen Arbeitsschutzes. Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte sowie Gefährdungsbeurteilungen und die damit verbundenen Regeln geben eine verbindliche Orientierung für die Betriebe, allerdings meist mit Fokus auf die körperlichen Belastungen und Gefährdungen.

So betont der Geschäftsführer des Elektronikentwicklers: Jedes Jahr gehe ein Arbeitsschutzmann mit „oberster Genauigkeit“ gemeinsam mit den drei Bereichsleitern mit Checkliste durch den Betrieb und moniere z.B., dass "was im Gang steht". Auf Nachfrage in Bezug auf die Ermittlung psychischer Belastungen räumt er ein, dass sich die Gefährdungsbeurteilung weitgehend auf körperliche Belastungen beschränke. Psychische Gefährdungen werden "weniger" erhoben (F2).

Lediglich der Manager des kleinen Mikrooptikunternehmens berichtet davon, dass bei der Gefährdungsbeurteilung in seinem Unternehmen nicht nur die körperlichen, sondern auch die psychischen Belastungen ermittelt werden.

Der Gesprächspartner stellt zunächst klar: "Die Gefährdungsbeurteilung müssen wir haben. Die Berufsgenossenschaft kontrolliert das". Man könne dies von einem externen Dienstleister machen lassen oder nach anfänglicher Anleitung auch selbst durchführen. "Wir haben uns am Anfang in Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft intensiv selber damit beschäftigt und halten das nun up-to-date. Die Berufsgenossenschaft kontrolliert das auch. Dabei werden sowohl körperliche als auch psychische Faktoren beachtet". Im Wesentlichen seien dies Stressfaktoren und Faktoren der Zusammenarbeit und Abstimmung.

"Man muss schon sagen", so fügte der Manager hinzu, "dass die Gefährdungsbeurteilung für uns anfänglich sehr aufwändig war. Aber wenn man das erstmal etabliert hat und die Systematik einmal hat und vielleicht auch das Bewusstsein bei dem einen oder anderen Mitarbeiter hat, das zu unterstützen, dann funktioniert das auch mit einem vertretbaren Aufwand. Aber die Erstbeschäftigung und die Erstinstallation, das war schon ein Brocken Arbeit, den man nebenbei mitmachen muss. Das bleibt bei so kleinen Unternehmen wie bei uns am Geschäftsführer hängen und kommt dann zum operativen und strategischen Geschäft noch hinzu. Da muss man sich ein Bisschen zwingen, sich dazu die Zeit zu nehmen" (F1).

In unterschiedlich starkem Umfang gibt es in den Unternehmen auch Aktivitäten auf dem Gebiet der freiwilligen Gesundheitsförderung, die zwar nicht unter dem Label Demografie laufen, gleichwohl im Sinne der Sicherung der Gesundheit der Mitarbeiter demografierelevant sind. Das Spektrum reicht von der Durchführung betrieblicher Gesundheitstage, über Rückenschulen für die Büroarbeit, Sportangeboten bis hin zu Inhouse-Schulungen für die Beschäftigten zur Stressbewältigung.

Nicht durchgängig sind die betrieblichen Angebote bei den Beschäftigten auf eine positive Resonanz gestoßen, so dass die eine oder andere Initiative im Sande verlaufen ist. Gleichwohl zeigt sich, dass Gesundheitsthemen über gesetzliche Verpflichtungen hinaus von den Unternehmen in Angriff genommen werden.

Zur Erweiterung des betrieblichen Handlungsrepertoires bei der Bewältigung der Herausforderungen des demografischen Wandels tragen schließlich auch Kooperationen mit wissenschaftlichen Einrichtungen auf den Gebieten der Arbeitsforschung bei. Sowohl der Entwickler von Optoelektronik als auch der Hersteller präzisionsoptischer Systeme nutzen schon seit mehr als einem Jahrzehnt externen wissenschaftlichen Sachverstand, um Feedback und Anregungen zur betrieblichen Gestaltung der Personalpolitik, betrieblicher Organisation und Sozialbeziehungen zu erhalten. So beteiligt sich das Präzisionsoptikunternehmen an einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt zur gesunden Gestaltung von Arbeit, der Elektronikentwickler startet, nachdem das Thema Familienfreundlichkeit des Unternehmens schon lange bearbeitet worden ist, gemeinsam mit einer Fachhochschule ein Projekt zum betrieblichen Gesundheitsmanagement. Auch die erwähnte ertragreiche Kooperation des Herstellers von Mikrooptik mit einer Berufsgenossenschaft bei der Gefährdungsbeurteilung weist auf die Fähigkeit hin, externen Sachverstand auf Handlungsfeldern demografiefester Arbeit offensiv zu nutzen und in der eigenen Praxis anzuwenden.