Die Gründungsquote von Frauen ist im Corona-Jahr 2020 im Vergleich zum Jahr 2019 nur leicht von 5,7 Prozent auf 4,4 Prozent gesunken. Währenddessen ist die Gründungsquote der Männer von 9,1 Prozent im Jahr 2019 auf eine Quote von 5,1 Prozent im Jahr 2020 gesunken. Deutschland hat deswegen im Jahr 2020 unter den einkommensstarken Ländern nun eines der ausgeglichensten Verhältnisse von weiblichen und männlichen Gründenden und belegt damit im Vergleich der 43 an dem GEM beteiligten Ländern Platz drei.

Unterschiede zwischen Gründerinnen und Gründern treten im Global Entrepreneurship Monitor (GEM) beispielsweise bezüglich der (erwarteten) Kundschaft, der Exportorientierung sowie der Beschäftigungseffekte auf. Die dem GEM zugrundeliegende Gründungsquote TEA (Total early-stage Entrepreneurial Activity) definiert sich als Anteil derjenigen 18 bis 64-Jährigen, die während der letzten dreieinhalb Jahre ein Unternehmen gegründet haben und/oder gerade dabei sind, ein Unternehmen zu gründen.

Räumliche Kundenverteilung der Gründungen

Hinsichtlich der räumlichen Kundenverteilung von Gründungen zeigen die GEM-Daten, dass in 14 von insgesamt 18 analysierten europäischen Ländern der Fokus auf lokalen Märkten liegt. In Deutschland haben 86 Prozent der Gründenden mit ihren jungen Unternehmen Kunden in der Region der Gründung bzw. erwarten einen regionalen Kundenstamm für ihre geplante Gründung. Insbesondere die männlichen Gründenden geben mit ca. 92 Prozent die regionale Kundschaft an. Auch die weiblichen Gründenden hatten hauptsächlich Kundinnen und Kunden aus der Region des Firmensitzes oder erwarten, diese nach vollzogener Gründung dort zu haben (78 Prozent).

An zweiter Stelle nennen ca. 75 Prozent der männlichen Gründenden und 58 Prozent der weiblichen Gründenden, dass sie ihre Kundschaft „Andernorts in Deutschland“ hatten bzw. erwarten.

Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern treten auch bei der Kundschaft „Außerhalb von Deutschland“ auf: hier sind knapp 38 Prozent der Gründer und 32 Prozent der Gründerinnen international tätig, oder haben dies vor. Im Jahr 2019 waren die Unterschiede zwischen den beiden betrachteten Vergleichsgruppen noch größer: Zwei Mal so viele der männlichen Gründenden waren im Vergleich zu den weiblichen Gründenden international tätig. Die Tatsache, dass die weiblichen Gründenden seltener als männlichen Grünenden international tätig sind, ist auch in den meisten europäischen Ländern zu sehen. Lediglich in drei Ländern, nämlich in Griechenland, Polen und dem Vereinigten Königreich gibt es keine großen Geschlechtsunterschiede in Bezug auf ihre Kundschaft auf den internationalen Märkten.

Fokus auf heimische Märkte

Ein anderer Indikator aus dem GEM-Bericht – der „Exportanteil am Umsatz“ – zeigt, dass sich weibliche Gründende in Europa vor allem auf den regionalen und nationalen Markt konzentrieren. Dies betrifft auch Deutschland.

Lediglich 11 Prozent der Gründerinnen und 17 Prozent der Gründenden erwirtschaften einen Großteil ihres Umsatzes (mehr als 25 Prozent) mit Exportaktivitäten oder erwarten diesen über internationale Märkte zu erwirtschaften. Nur in Polen (2,1 Prozent) und Griechenland (26 Prozent) exportieren Gründerinnen häufiger oder erwarten zukünftig internationale Umsätze häufiger als Gründer (Polen: 0,7 Prozent: Griechenland: 12 Prozent).

Beschäftigungseffekte

Unter den Gründenden erwarten generell Gründer in Deutschland größere Beschäftigungseffekte als Gründerinnen. Bei den Männern haben sich die realisierten oder erwarteten Beschäftigungseffekte ihrer Gründung von 2019 auf 2020 erhöht. 2020 planen 43,6 Prozent der Gründer einen Zuwachs von mehr als fünf Arbeitsplätzen innerhalb der nächsten fünf Jahre. Bei den Gründerinnen planen dies lediglich 12 Prozent. Mögliche Gründe dafür sind hier Branchenunterschiede zwischen männlichen und weiblichen Gründenden. Knapp 60 Prozent der Gründerinnen entscheiden sich für die Branche „Gesundheit, Erziehung und soziale Dienste“ bzw. Einzelhandel, Hotel- und Restaurantwesen. Knapp 97 Prozent der 2020 befragten Gründerinnen gründen in „low-tech“ Wirtschaftssektoren, während 11,5 Prozent der Unternehmen von männlichen Gründern im „high-tech“ oder „medium-tech“-Sektor angesiedelt sind. Die Tendenz, dass sich Gründer häufiger auf technische und naturwissenschaftliche Sektoren fokussieren, hat sich seit 2013 bei den beiden Zielgruppen wenig geändert.

Im Hinblick auf den sich verschärfenden Fachkräftemangel wegen des sukzessiven Renteneintritts der geburtenstarken Jahrgänge, des schwachen Wachstums der Arbeitsproduktivität (KfW Research, KfW-ifo-Fachkräftebarometer: Januar 2021) sowie infolgedessen steigenden Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte zwischen den etablierten und jungen Unternehmen ist der sich äußernde Optimismus der männlichen Gründenden in Deutschland erfreulich. Die Gründenden mit hohen Erwartungen an die Schaffung von Arbeitsplätzen signalisieren, dass sie die Chance nutzen wollen, um Produkte bzw. Dienstleistungen mit hohem Potenzial zu entwickeln, die erhebliche personelle Ressourcen erfordert.

Die Gründerinnen gelten im Vergleich zu den Gründern „pessimistischer“ in der Einschätzung ihres Unternehmenswachstums. Insbesondere der Dienstleistungssektor, in dem Frauen überwiegend gründen, ist vom Fachkräftemangel am stärksten betroffen. Hier haben knapp 48 Prozent der Dienstleistungsunternehmen Behinderungen ihrer Geschäftstätigkeit durch fehlende Fachkräfte angemeldet (KfW Research, 2021).

Literatur

Bosma, N. et al. (2020): Global Entrepreneurship Monitor 2020/21 Global Report. Babson Park, MA: Babson College.

Elam, A.B. et al. (2021): Women’s Entrepreneurship 2020/21. Thriving through Crisis. GERA, London Business School: London.

Müller, M. (2021): Fachkräfte so knapp wie nie seit der Wiedervereinigung. KfW-ifo-Fachkräftebarometer: 4. Quartal 2021. KfW Research.

Müller, M. (2021): Fachkräftemangel in der Corona-Krise – das neue KfW-ifo-Fachkräftebarometer. KfW-ifo-Fachkräftebarometer: Januar 2021. KfW Research.

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