Anna Niehaus ist in der Gründungsberatung bei PRO WIRTSCHAFT GT tätig und spricht mit uns über das Gründungsgeschehen in der Region.


Frau Niehaus, wie entwickelt sich das Gründungsgeschehen in Ihrer Region? Lassen sich Schwerpunkte erkennen?

Anna Niehaus: Der Kreis Gütersloh ist eine wirtschaftlich sehr starke Region: weltbekannte Marken treffen auf Hidden Champions, effiziente Weltmarktführer, erfolgreiche Familienunternehmen und einen ausgeprägten Mittelstand. Die Beschäftigtendichte liegt weit über dem Landes- und Bundesdurchschnitt, die Arbeitslosenquote liegt seit mehreren Jahren recht konstant bei niedrigen 5%. Die Kehrseite der Medaille: eine ausgeprägte Gründungsszene gibt es im Kreis Gütersloh nicht. Mit Blick auf Gründungsraten wird das Potential des Kreises Gütersloh nicht voll ausgeschöpft. Im NUI (Neue Unternehmerische Initiative) Regionenranking ordnet sich der Kreis Gütersloh auf Platz 261 im hinteren Drittel der Rangliste ein. Der durchschnittliche Gründer im Kreis Gütersloh macht sich nach einigen Jahren Berufserfahrung selbstständig, tendenziell im Nebenerwerb und durch Eigenkapital finanziert. Er gründet in den Geschäftsbereichen Handel, Gesundheit oder sonstigen Dienstleistungen, wobei im Kreis Gütersloh Industriegründungen noch überdurchschnittlich stark vertreten sind. Gründungen mit einem digitalen Geschäftsmodell sind in der Region eine Ausnahme und orientieren sich schnell in die regionalen Oberzentren mit einer ausgeprägten Hochschullandschaft.

Welche sind für Ihre Organisation die größten Herausforderungen bei der Gründungsförderung?

Es finden sich in der Region derzeit noch wenige Unterstützer und treibende Kräfte im Gründerökosystem Kreis Gütersloh: eine gelebte Gründungskultur gibt es nicht, die Akteure und Unterstützungsstrukturen sind für angehende Gründer kaum sichtbar. So nehmen viele Gründungen die bestehenden Informations- und Beratungsstrukturen nicht wahr und stoßen zufällig oder erst nach erfolgter Gründung auf diese. Zudem fehlt uns ein zentraler Gründungsort im Kreis Gütersloh - also ein Ort, an dem sich Gründungsinteressierte und Gründer treffen, bezahlbare Räumlichkeiten mit entsprechender technischer Infrastruktur finden und in niedrigschwelligen Austausch mit Unterstützern, Experten und Branchenkennern treten können.

Bitte beschreiben Sie eine innovative Maßnahme, wie Sie Gründungen in Ihrer Region unterstützen.

Die große Stärke des Kreises Gütersloh ist seine wirtschaftliche Stärke: Für Gründerinnen und Gründer bedeutet das, dass sie potentielle Kunden und Kooperationspartner direkt vor der Haustür finden. Im Laufe der letzten drei Jahre sind verschiedene zum Teil unternehmensgetriebene Initiativen mit dem Ziel entstanden, Startups auszubilden, zu fördern oder mit ihnen gemeinsame Projekte umzusetzen. Dieses Ziel haben wir als Wirtschaftsförderungsgesellschaft aufgenommen: So ist eine Veranstaltungsreihe entstanden, bei der insbesondere der Mittelstand gezielt mit Startups und Jungunternehmen vernetzt wird. Des Weiteren lernen die Teilnehmer durch Impulsvorträge, Erfahrungsberichte oder Methodenworkshops, wie Startups und Unternehmen voneinander lernen und damit profitieren können. Ein zukünftiger Ansatz ist die Entwicklung und Durchführung von Gründungsprojekten mit und an Schulen im Kreis Gütersloh. Schülerinnen und Schüler sollen schon frühzeitig mit Unternehmern und Gründern in Austausch treten, eigene Geschäftsideen entwickeln und für Unternehmertum und Gründung begeistert werden.

Inwiefern ist der Einsatz des Canvas für Ihre Arbeit hilfreich?

Wir haben das Canvas des RKW Kompetenzzentrums zur Analyse des Gründungsökosystems Kreis Gütersloh genutzt. Auf einen komprimierten Blick lassen sich gründungsrelevante Akteure, Initiativen, Stärken und Schwächen zusammenfassen. Die meisten Strukturdaten werden regelmäßig erhoben und sind im Einzelnen bekannt. Im Canvas wird ihr möglicher Einfluss auf Gründungen beleuchtet und damit ein neuer Blickwinkel auf den Standort eröffnet. Die Darstellung im Gründerökosystem diente uns als Diskussionsgrundlage mit politischen Entscheidungsträgern, Unternehmen und kommunalen Verwaltungen über die Standortstärken und -schwächen des Kreises Gütersloh als Gründungsstandort und war damit Ausgangslage für die Ausrichtung unserer Gründungsarbeit, zum Beispiel hinsichtlich folgender Fragestellungen:

  • Auf welche Gründungen (Branche, Demografie Gründer, etc.) können und müssen wir uns fokussieren? Wie eng darf dieser Fokus sein?
  • Welche Zielgruppen werden bisher nicht oder nur schlecht erreicht? - Wo liegen bisher ungenutzte Potentiale?
  • Wer muss für das Thema Gründung begeistert werden?

Dieser Prozess führte wiederum zu Ableitungen, welche Strukturen, Projekte oder Veranstaltungsformate im Kreis Gütersloh notwendig sind, um das Gründerökosystem Kreis Gütersloh zu stärken.

Frau Niehaus, vielen Dank für das Interview!

Nachfolgend das ausgefüllte Canvas für den Kreis Gütersloh zum Anklicken.

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