Viele Fachleute sind daher oft mehr mit "Trouble-Shooting" als mit der Umsetzung ihrer Ziele und Kernaufgaben beschäftigt. Hinzu kommt, dass immer wieder viele weitere wichtige Projekte hinzukommen, die ebenfalls zeitnah umgesetzt werden wollen.

Wenn jedoch zu viele Baustellen gleichzeitig bearbeitet werden, kann nicht nur schnell die Kapazitätsgrenze der Mitarbeiter überschritten, sondern auch die Wirksamkeit und die Schlagkraft des gesamten Unternehmens und somit auch dessen Wettbewerbsfähigkeit geschwächt werden. Im ungünstigsten Fall fehlen dann die Ressourcen, die zur Umsetzung strategisch (überlebens)wichtiger Projekte benötigt werden, da diese auf zu viele Projekte und falsche Aufgaben verteilt sind und niemand mehr verlässlich entscheiden kann, was nun wirklich wichtig ist.

Was also tun, um die eigenen Kräfte wieder effektiv einsetzen zu können und Raum für wirklich Wichtiges zu schaffen? Eine Antwort findet sich in der Natur: Ebenso wie Lebewesen "ansetzen" können, kann dies auch auf Unternehmen zutreffen. Und ebenso wie ein Organismus sich von Zeit zu Zeit entschlackt, um wieder beweglich und leistungsfähig zu sein, muss ein Unternehmen angehäuften Ballast hinterfragen und gegebenenfalls abwerfen. Ein Unternehmen hat im Gegensatz zu einem Organismus jedoch keine Organe, die dies quasi von selbst machen. Umso wichtiger ist es, dass die Unternehmensführung sich für diesen Prozess verantwortlich zeigt. Denn neben der Zuweisung von Aufgaben müssen Führungskräfte auch entscheiden, was nicht mehr getan wird, damit Platz für Neues und die Konzentration auf das Wesentliche möglich ist.

Im Kern geht es darum, im Managementteam die eigenen Aktivitäten kritisch und systematisch zu hinterfragen. Zugespitzt geht es um die Frage:

Was von dem, was wir heute alles tun, würden wir nicht mehr oder anders tun, wenn wir das Unternehmen heute neu gründen würden?

Die konsequente Beantwortung dieser Frage ermöglicht es, überlebte Rituale, Ballast und unreflektierte Gewohnheiten zu identifizieren, indem sie im Hinblick auf ihre Funktionalität und Zieldienlichkeit zu den gegenwärtigen Herausforderungen gestellt werden. Dahinter steckt die Idee, dass Dinge die sich in der Vergangenheit bewährt haben und aus damaliger Sicht sogar zwingend erforderlich waren, nicht notwendigerweise auch heute noch sinnvoll sind. Dies kann beispielsweise auf gesamte Geschäftsfelder, Kundengruppen, ganze Produkte oder deren Funktionen, aber auch auf interne Prozesse, DV-Systeme, Projekte, Berichte, Sitzungen, Formulare u. v. m. zutreffen.

Die "Systematische Müllabfuhr" (aufbauend auf Peter Drucker, von Fredmund Malik aufgegriffen und durch Roman Stöger ausgearbeitet) eignet sich hervorragend für diese Aufgabe. Da es, wie bereits gesagt, kein Organ zur regelmäßigen Entschlackung gibt, empfiehlt es sich, diesen Prozess verpflichtend einmal im Jahr durchzuführen. Die Erfahrung zeigt, dass es von den Beteiligten begrüßt und teilweise regelrecht als Befreiungsschlag erlebt wird, sich von Ballast zu trennen. Eine zwingende Voraussetzung zur nebenwirkungsfreien Anwendung der Methode sind Informationen über die Stoßrichtung des Unternehmens – am besten in Form der Geschäftsführung als Workshopbeteilgte(r). Nur so kann auch fundiert entschieden werden, was in den Müllcontainer kann und muss. Denn nichts wäre schlimmer als eine voreilige Entsorgung eines für die Zukunft wichtigen Potenzials des Unternehmens.

Zu Beginn wird entschieden, welche Themenbereiche bearbeitet und durchleuchtet werden sollen. Orientierung kann folgende Checkliste geben.

Anschließend kann im Workshop jeder Bereich im Hinblick auf seine

  • Effektivität ("Tun wir die richtigen Dinge?" was den Abbau von Leistungen prüft) und
  • Effizienz ("Tun wir die Dinge richtig?" was die Optimierung von Leistungen prüft)

betrachtet und beurteilt werden. Danach kann geschätzt werden, wie hoch das freiwerdende Potenzial ist (z. B. in Manntagen/-jahren, Euro), welche Maßnahmen zur Realisierung erforderlich und wer bis wann dafür verantwortlich ist.

Unternehmen, die solch einen Prozess als festen Bestandteil ihrer Arbeit nutzen, entlasten nicht nur ihre Mitarbeiter, sondern sie tragen durch die regelmäßige Überprüfung ihres Ressourceneinsatzes aktiv dazu bei, ihre Ressourcen dort einzusetzen, wo auch Wirkung am Markt erzielt wird/werden kann.